Prag - Pünktlich zum Beginn des Osterfestes hat die populistische VV ("Partei der öffentlichen Belange") einen neuen Eiertanz um die Prager Koalition eingeläutet. Nachdem VV-Chef Radek John am Dienstag überraschend den Ausstieg aus der Regierung angekündigt hatte, sollten einige Forderungen seiner Partei nicht erfüllt werden, ruderte er am Mittwoch ebenso plötzlich zurück.

Nun wird in Prag wieder verhandelt. Bis zum 10. April wollen die Koalitionspartner ihre Krise beilegen. Wenn sie damit scheitern, sind Neuwahlen unausweichlich.

Das hat Ministerpräsident Petr Nečas (ODS) unmissverständlich deutlich gemacht. Er sei nicht mehr bereit, sich von der VV "erpressen zu lassen", donnerte er als Reaktion auf Johns Drohungen. Sollte es über die Feiertage nicht zur Einigung kommen, werde er die Regierung auflösen und den Weg zu vorgezogenen Neuwahlen einschlagen.

Das Machtwort, für den tschechischen Premier eher untypisch, verfehlte seine Wirkung nicht. Statt - wie abends zuvor über das Fernsehen angekündigt - die Rücktritte seiner Minister vorzulegen, um Nečas unter Druck zu setzen, sah John sich am Mittwoch selbst unter Druck.

Zwei VV-Minister, Pavel Dobeš (Verkehr) und Karolína Peake (stellvertretende Ministerpräsidentin), sprachen sich öffentlich gegen den so verordneten Rücktritt aus. "Wenn überhaupt", dann werde er sein Rücktrittsgesuch "nur in die Hand des Premiers überreichen", erklärte Dobeš. Peinlich für John, der zuvor behautet hatte, alle Rücktrittsgesuche "unterzeichnet in der Schublade" zu haben.

Ungeachtet des rauen Tonfalls kommt Premier Nečas der VV mit dem Oster-Ultimatum wieder entgegen. Am Mittwoch erklärte er seine Bereitschaft zu Verhandlungen über deren Forderungen, darunter Umbildung des Kabinetts, Streichung von drei Ministerien und Revision des Koalitionvertrags. Diese Maßnahmen hatte VV-Chef John als unerlässlich zur "Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit der Regierung" bezeichnet.

Für eine Verhandlungslösung hat sich auch Václav Klaus ausgesprochen, den Petr Nečas über die Regierungskrise unterrichtete. Im Fall, dass die Partner keine gemeinsame Sprache finden, sollten nach Ansicht des Präsidenten frühestmöglich Neuwahlen stattfinden, etwa im Juni.

Mit einem Urnengang wäre zurzeit keiner der drei Parteien im Prager Mitte-Rechts-Bündnis geholfen. Die ohnehin schwachen Umfragewerte der ODS drohen angesichts der Affäre um Prags Ex-OB Pavel Bém ins Bodenlose zu sinken. Auch die konservative TOP 09 von Außenminister Karel Schwarzenberg und Finanzminister Miroslav Kalousek hat an Beliebtheit eingebüßt, nicht zuletzt wegen der unpopulären Reformen im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen.

Was die VV betrifft, sehen die Wahlforscher sie seit Monaten unter der Fünf-Prozent-Hürde. Flügelkämpfe, undurchsichtige Finanzierung und Korruptionsaffären haben den Vorschusskredit der kleinsten Koalitionspartei schon im ersten Regierungsjahr aufgezehrt. Mit dem jüngsten Eiertanz dürfte sie das Vertrauen der Wähler endgültig verspielt haben. (gp)