Prag - Frontalangriff auf den ODS-Vorsitzenden Mirek Topolánek vor dem ODS-Parteitag: Der Gründer und Ehrenvorsitzende der Bürgerlichen Demokraten, Tschechiens Staatspräsident Václav Klaus, deutete in einem Interview mit der in Prag erscheinenden Tageszeitung Mladá fronta Dnes an, dass er seiner Partei womöglich in wenigen Tagen den Rücken kehren könnte.

Gleichzeitig signalisierte er, dass er bereit sei, gegebenenfalls eine neue "euroskeptische" Partei zu unterstützen.

Hintergrund ist der seit den verlorenen Regional- und Teils-Senatswahlen im Oktober offen ausgetragene Machtkampf in der ODS, der bei dem bevorstehenden Parteitag Anfang Dezember im Showdown zwischen Parteichef Mirek Topolánek und seinem Herausforderer Pavel Bém zu gipfeln verspricht. Klaus hat dabei bereits frühzeitig Topoláneks Kontrahenten unterstützt, Prags Oberbürgermeister Pavel Bém, der seinerseits neuerdings einen eurospkeptischen Kurs zur Schau trägt.

Gegenüber der Mladá fronta Dnes sagte Klaus: "Ich weiß nicht, ob ich heute noch nominal in irgend einer Partei bin. In der ODS wahrscheinlich ein paar Tage schon noch. Wir werden sehen. Sie können darüber spekulieren". Bereits vor ein paar Tagen hatte Klaus seine Skepsis geäußert, ob er überhaupt an dem am 5. Dezember beginnenden Parteitag teilnehmen werde. Derzeit deutet nämlich Vieles auf eine Niederlage seines Schützlings Pavel Bém hin.

Eine neue, rechstkonservative europskeptische Partei könnte nach Spekulationen von Medien aus dem personellen Umfeld der Prager Burg entstehen. Als Arbeitsname dafür wird von der Zeitung Hospodářské noviny die Bezeichnung "Libertas.cz" angeführt - nach der gleichnamigen irischen Anti-Lissabon-Bewegung des EU-Kritikers Declan Ganley.

Das Wirtschaftsblatt wertet Klaus' in dem Interview mit Mladá fronta gemachten Äußerungen gar als "Ultimatum" an die Parteitagsdelegierten nach dem Motto: "Entweder er (Topolánek) oder ich". (nk)