Escape Games gehören zum Genre der Adventuregames und sind ursprünglich Computer- oder Browserspiele, bei denen es darum geht, einen Ort, an dem man gefangen ist, durch das Lösen verschiedener Aufgaben und Rätsel zu verlassen. In Japan entstanden im Jahr 2007 die ersten Live Escape Games als reale Gruppenspiele, bei dem man einen Raum innerhalb vorgegebener Zeit (meistens 60 Minuten) mit Hilfe der darin versteckten Hinweise und Gegenstände wieder verlassen muss. Die Spiele sind als Unterhaltungsangebot oder Teambuilding-Veranstaltungen angelegt.
In Europa gibt es Live Escape Games seit 2011. Vor allem aus Budapest, wo die Idee in einigen der vielen Ruinenkeller umgesetzt wurde, ist das Spiel nach ganz Europa übergeschwappt. Auch in Prag gibt es inzwischen ein gutes Dutzend solcher Escape-Game-Anbieter.
Die Themenvielfalt der Szenarien und Räume, aus denen es auszubrechen gilt, reicht von Harry Potter’s Stein der Weisen über Sherlock Holmes‘ Office bis hin zu historisch eingebetteten Rätseln, die beispielsweise in die Zeit Kaiser Karls IV. oder auch die Zeit des Protektorats Böhmen und Mähren, also die Jahre der deutschen Besatzung von 1939 bis 1945, verlegt werden. Das Ziel besteht meistens darin, als Geheimagentengruppe bestimmte Gegenstände (Stein der Weisen, geheime Informationen und Dokumente) aufzufinden und den Raum innerhalb vorgegebener Zeit wieder zu verlassen.
Freilich wird auch die kommunistische Vergangenheit des Landes, besonders geprägt vom russischen Geheimdienst KGB und verdeckten Prager Widerstandsgruppen, zu Zwecken der Escape Games gebraucht. Die Atmosphäre des kommunistischen Regimes der Tschechoslowakei zu Zeiten der 50er und 60er Jahre stellte die Kulisse für das von mir besuchte Escape Game.
Das imaginäre Szenario war folgendes: Ein Team aus tschechischen Undercover-Agenten muss in einem russischen Atombunker geheime Dokument auffinden, die zum Sturz des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei führen könnten. KGB Agenten sind dem Team jedoch dicht auf den Fersen und werden eben diesen Bunker in 60 Minuten erreichen. Wird es die Gruppe schaffen, die Dokumente zu sichern und den Raum innerhalb des Zeitfensters wieder zu verlassen?
Das Escape Game fordert von den zwischen zwei und sechs Personen großen Gruppen Kooperation, Kommunikation und das Lösen von logischen und intuitiven Rätseln im Stile eines Geheimagenten. Die Dekoration und Eigentümlichkeiten des Raumes sind dem vorgestellten Szenario bestens angepasst. Russische Militärmützen, chemische Schutzmasken und –anzüge und andere mit der kommunistischen Zeit in Verbindung gebrachte Gegenstände wie ehemalige Landkarten, Radios mit Morsezeichen, oder Wandgemälde sind Teil des Spiels. Selbst der Ort des fiktiven Atombunkers, in einem dunklen, unscheinbaren Keller des Ausgehviertels Žižkov, passt bestens in den Rahmen.
Für diejenigen, die wie ich noch nie an einem Escape Game teilgenommen hatten, stellen die Hürden und Rätsel der Spiele zweifellos eine neuartige, spannende Herausforderung dar. Ich persönlich habe es mit meinem Team nicht geschafft, ohne die Hilfe des Organisators den Raum innerhalb der 60 Minuten wieder zu verlassen. Die Gruppendynamik bei solchen Prüfungen ist jedoch trotzdem eine einzigartige Erfahrung. Und das Eintauchen in eine historisch fiktiv-konstruierte Welt wie einen russischen Atombunker in Prag ist außerdem sicherlich eine unterhaltsame Art, sich der Geschichte Tschechiens anzunähern.
Ich habe das „Real Life Nuclear Bunker Escape Game“ des Anbieter „Breakoutprague“ besucht. Eine Liste der unterschiedlichen Escape Game Angebote in Prag findet sich auf dem unten verlinkten Verzeichnis.