Brünn – Wer an die "Second City" Tschechiens denkt, kommt gewiss erst einmal nicht mit Überlegungen über die zwei großen Seinszustände Leben und Tod in Berührung. Anders dürfte das nach einem Besuch der Gruft des Kapuzinerklosters sein.
Hier wird die gewohnte Distanz durchbrochen, die man vom Besuch eines Grabes kennt. Die auf dem Boden oder in Särgen liegenden Mumien bieten den Besuchern einen direkten Anblick auf die bis Ende des 18. Jahrhunderts bestatteten Ordensbrüder und Förderer des Ordens. Bis heute haben sich 41 der ursprünglich 205 Personen erhalten, die in der Gruft beerdigt wurden. Bestattungen fanden hier bis zum Jahre 1784 statt, als diese Bestattungsmethode von Kaiser Josef II. verboten wurde.
Die luftgetrockneten Toten verdanken ihr ewiges Dasein den besonderen Belüftungsverhältnissen und der Gesteinszusammensetzung unter der Kirche. Die älteste Mumie ist fast 360 Jahre alt. Auf manchen der toten Körper sind noch Überbleibsel brauner Kutten und Rosenkränze zu erkennen.
Gruselfaktor bieten auch die wohl berühmtesten menschlichen Überreste der Gruft, die des Franz Freiherr von Trenck. Der kaiserliche Offizier galt als streitsüchtiger Mann, der letztlich sogar zum Tode verurteilt wurde. Allerdings veranlasste Maria Theresia seine Begnadigung. Sein Nachlass von 400 Gulden an das Kloster verschaffte ihm einen Platz an der Seite der Ordensbrüder.
Eine weitere Legende erzählt der tote Körper der Gräfin Isabella von Zinzendorf, bei der zeitweise sogar angenommen wurde, sie könne lebendig begraben worden sein. Ihr Körper sei merkwürdig verrenkt und ihre Hände sollen sich in ihren Körper krallen.
Der Tod ist das Ende des Lebens. Aber muss er denn so sichtbar sein? In der Kapuzinergruft der mährischen Hauptstadt wird der Übergang vom Leben zum Tod, das Sterben sichtbar gemacht. Wer einmal in die Zwischenwelt der beiden großen Seinszustände eintauchen möchte und dazu noch etwas Gruselfaktor erwartet, dürfte hier also genau richtig sein.
Praktisches
Der Eingang zur Kapuzinergruft befindet sich zwischen der Heiligkreuzkirche (Kostel Nalezení svatého Kříže) und dem benachbarten Haus. Es handelt sich dabei um eine schmale Gasse, die zu einem kleinen Hof mit einem Brunnen führt. Dort ist die Kasse und auch der Eingang zur Gruft.
Mit Ausnahme der christlichen Feiertage Weihnachten und Ostern ist die Kapuzinergruft das ganze Jahr über geöffnet. An der Kasse gibt es einen gedruckten Führer. Die Dauer der Besichtigungstour bestimmt dann jeder Besucher selbst.
Größeren Gruppen wird empfohlen sich vorher anzumelden. (carb/nk)
Öffnungszeiten
Sommersaison (1. April - 31. Oktober): Mo - Sa 9.00 bis 12.00 Uhr, 13.00 bis 18.00 Uhr, So 11.00 bis 17.00 Uhr
Wintersaison (1. November - 31. März): Mo - Sa 9.00 bis 16.00 Uhr, So 11.00 bis 16.30 Uhr. Einlass der letzten Besucher jeweils 30 Minuten vor Schließung oder der Mittagspause.