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| | | 21.5.2008

Mit dem Fahrrad durch Prag

Wenn ich auf meinem Fahrrad durch die Straßen düse, fühle ich mich als Exotin

Wie habe ich es doch vermisst, mein Fahrrad! Mein wunderschönes, altes, schwarzes Hollandherrenrad! Und nun ist es endlich hier in Prag, damit es mich – schneller als jede Metro, Tram oder meine eigenen Füße – überall hinbringen kann. Warum habe ich es eigentlich nicht schon früher geholt, mein Velo? Ach richtig, Fahrradfahren ist in Prag nicht sehr üblich. Und das ist noch stark untertrieben. Fahrradfahren ist gefährlich, da gibt es keinen Zweifel. Aber ich werde trotzdem fahren und dabei lernen mich sicher durch die chaotischen Straßen der Hauptstadt zu bewegen, ohne mich auf 50 Metern dreimal überfahren zu lassen, in die Straßenbahnschienen zu geraten oder ständig Touristen umzumangeln.

Wenn ich auf meinem Fahrrad durch die Straßen düse, fühle ich mich als Exotin. Blicke folgen mir, wohin auch immer ich fahre und die Augen, die mich mal offen, mal verholen anstarren, fragen lautlos: „Ist die lebensmüde?“ Und obwohl ich diesen Gedanken selbst schon das ein oder andere Mal hegte, genieße ich es. Ich bewege mich in dieser Stadt, in der so viele Menschen ein- und ausgehen, auf eine ganz besondere Art vorwärts, ich überblicke die Szene und bin trotzdem schneller als die Passanten. Viele Menschen lächeln mich auch an, als wollten sie mir sagen: „Wie schön, dass sich das jetzt mal jemand traut.“

Mein Fahrrad fällt dabei natürlich auch auf, ist ja selbst schon ein Exot. Ein wahrer Oldtimer unter den ganzen Mountainbikes und Sporträdern und Superaluleichtgestellen. Ein bisschen ungeeignet ist es wohl für die holprigen und hügeligen Straßen von Prag, das muss ich zugeben: Bergtauglich ist es nicht, dafür ist es viel zu schwer. Und auch von Stoßdämpfern hat es noch nichts gehört, was meinem dem Sattel anhaftenden Körperteil auf dem Kopfsteinpflaster immer wieder schmerzhaft bewusst wird.

Da ich mich an den Verkehr, der manchmal bar jeder Regel scheint, langsam gewöhnt habe, ist meine einzige Angst die, dass mein Drahtesel gestohlen wird. So viele Geschichten habe ich schon über die flinken Langfinger gehört, die es auf Sattel, Speiche und Bremsklötze abgesehen haben, dass ich am liebsten für jeden Teil meines Rades ein eigenes Schloss haben möchte. Aber das ist ja auch übertrieben. Wie machen das andere, habe ich mich also gefragt und bin auf die „Pinkbike“-Initiative gestoßen: Menschen, die ihre Fahrräder leuchtend pink anmalen, damit es auffällt und deshalb nicht so schnell gestohlen wird.

Gegründet hat diese Initiative der Prager Michal Křivohlávek, dem innerhalb von fünf Jahren vier Räder gestohlen wurden. Das hat ihn ziemlich aufgebracht, und so überlegte er sich, sein Fahrrad pink zu machen. Ähnlich erging es auch Kateřina Manová, die an einem Workshop teilgenommen hat, auf dem sie das Rad eigenhändig anmalte. Doch obwohl sie schon seit Jahren mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, hat sie noch immer Angst: „Es gibt einfach keine Radwege und die Straßen sind ganz klar für die Autos reserviert.“ Dennoch muss sie immer wieder schmunzeln, wenn ihr die Männer hinterherstarren auf ihrem leuchtenden Gefährt.

Und noch jemanden habe ich getroffen, der täglich mit diesen Problemen zu tun hat, weil das Zweirad seine Arbeit ist. Der Australier Lukos Hey arbeitet in Prag als Stadtführer. Allerdings bietet City Bikes keine zu-Fuß-Rundgänge an, sondern Fahrradtouren durch die Stadt, bei denen die Touristen von Punkt zu Punkt selber fahren müssen. Auf die Frage, ob das gefährlich sei, antwortet er, dass die Autofahrer überhaupt keine Rücksicht zu nehmen scheinen. Doch dabei lächelt er und sagt: „Aber es macht auch mehr Spaß, weil immer dieser Hauch von Gefahr dabei ist.“ Zum Abschied lässt er mich sein einziges deutsches Wort hören: übergedampft. Na, das passt doch!

Externer Link: www.bikerentals.czwww.bikerentals.cz, www.citybike-prague.comwww.citybike-prague.com
Bildnachweis:
Georgina

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