Die goldene Stadt, die sich an den Rändern der Moldau erstreckt. Gotische Türme, barocke Kirchen, weitläufige Parks, coole Bars und jede Menge Kunst und Kultur – seit Wochen freue ich mich auf meinen Aufenthalt in Prag. Ich werde ein Semester an der Karlsuniversität studieren und einen Tschechischkurs zur Vorbereitung besuchen. Anfahrt und Schlafplatz in einem Studentenwohnheim, alles schon geklärt. Aber jetzt erst einmal ankommen…
Nach meiner Landung bemühe ich mich um einen Bus zur nächsten Metro, die mich dann ins wunderschöne Zentrum bringen sollte. Naja vielleicht eher gesagt durchs wunderschöne Zentrum hindurch in mein leicht abgelegenes Wohnheim.
Bis zu diesem Augenblick wog ich mich in dem Gedanken, dass ein paar Banknoten aus dem Automaten für den Start genügen. Fehlanzeige: In Prag benötigt man Münzen! Immer und überall, aber vor allem um eine Fahrkarte zu erstehen. Der Automat nimmt keine Münzen – der Fahrer auch nicht. Also zurück in den Flughafen und einen Kaffee kaufen um Kleingeld zu bekommen. Die Dame hinter dem Tresen ist auch nicht gerade begeistert über meinen 2000 Kronenschein, aber nun, nach knapp einer Stunde kann ich eine Fahrkarte mein eigen nennen.
Beim Umsteigen in der Metro spricht mich ein Mann auf Tschechisch an. Ich verstehe nichts. Er zeigt mir eine kleine rot-goldene Metallplakette. Ich bin grade mal eine Stunde hier, ich will nichts kaufen, keiner gemeinnützigen Organisation beitreten und bin auch nicht nach Prag gekommen, um meinen tieferen Glauben zu finden. Tempo steigern nützt nichts, der Mann folgt mir weiter und ruft mir hinterher.
Eine etwas irritierte Frau bedeutet mir, dass er mein Ticket sehen möchte. Ein Kontrolleur, kein Problem! Ein Ticket habe ich ja gerade erst erstanden. Der Mann schüttelt den Kopf und gibt mir einen Zettel, er möchte hundert Kronen von mir. Bitte? Ich habe doch ein Ticket! Der Mann weißt auf meinen Koffer und wirkt langsam wirklich ungehalten. Ich zahle hundert Kronen. Der Kontrolleur lässt mich stehen. In Prag braucht man für einen Koffer auch ein Ticket, ein ermäßigtes, wie für ein Baby. Die hundert Kronen kann ich verschmerzen, aber ob die anderen Leute mit Hunden und großen Rucksäcken um mich herum ein Ticket haben, das wage ich zu bezweifeln.
Schließlich komme ich mit meinem Baby im Wohnheim an. WOHNheim – ein Kühlschrank gibt es nicht, dafür ein Zimmer, das wir uns zu zweit teilen. Und einen Schlüssel, den wir uns ebenfalls zu zweit teilen. Aber gut, das ist eine andere Geschichte. Letzten Endes waren die drei Wochen Sprachkurs eine schöne Zeit! Und eine gute Vorbereitung für mein Austauschsemester: Wenn ich zum Unistart wiederkomme, dann mit Auto. Und im Wohnheim werde ich nicht wohnen. Meine Besucher werde ich rechtzeitig mit den tschechischen Regeln des Fahrkartenkaufs vertraut machen und darauf hinweisen, ein Kinderticket für ihre Koffer zu erstehen.