Český Krumlov/Prag - Die drei Fragezeichen: Was bewegt dieser Tage das tschechische Internet? Flüchtlingskrise? Asylpolitik? Grenzschließungen? Sicher. Auch. Ein bisschen.
Was also treiben die Tschechen derzeit in den sozialen Netzwerken? Aus Sicht von tschechischen Boulevardmedien ist die Antwort ganz einfach: "Ganz Tschechien sucht das in der Moldau 'ertrunkene' Mädchen!" So titelt das Boulevardmagazin Extra.cz und staunt: "Maximaler Wahnsinn!"
Was ist passiert? Bei der "Ertrunkenen" handelt es sich genau genommen um eine Digitalkamera, die ein Kanufahrer während einer Paddeltour Anfang August zufällig auf dem Grund der Moldau in Český Krumlov gefunden hat. Das inzwischen korrodierte Aufnahmegerät lag dort vermutlich fünf Jahre - enthielt aber noch einen Speicherchip, dessen Daten glücklicherweise gerettet werden konnten. Nun sucht der Finder per Facebook nach der auf unzähligen Fotos abgelichteten mutmaßlichen Eigentümerin der Kamera.
So zumindest lautet, kurzgefasst, die von dem besagten Finder Lubomír Zajíček aus Vlašim per Facebook verbreitete Version der Geschichte.
Letztes Foto stammt vom 12. Juni 2010
"Fotos gibt es jede Menge und der Apparat gehört offensichtlich dem Fräulein auf den beigefügten Fotos. Dort ist alles, von den Haustieren über eine Reise nach England bis zur letzten Fotografie oberhalb des genannten Wehrs in Český Krumlov am 12. Juni 2010 (das letzte im Anhang)", heißt es auf dem Facebook-Eintrag vom 9. September, der zusammen mit insgesamt fünf Fotos und einem entsprechenden Suchaufruf veröffentlicht wurde.
Der private Fernsehsender TV Nova und weitere große Medien in Tschechien griffen die Story über die Unbekannte auf: "Niemand weiß etwas über sie, nur dass sie sehr schön ist." Inzwischen wurde der ursprüngliche Post auf Facebook mehr als 23.000 Mal geteilt.
Allerdings äußerten einige Facebook-User auch frühzeitig Zweifel an der Geschichte. So postet am 9. September ein "Honza Lang" folgende Message an den Finder: "Gut, dass du nicht den Hersteller der SIM-Karte veröffentlicht hast. Das würde ich dann doch für virale Werbung halten."
Die Identität der gesuchten jungen Frau, die die einmalige Chance hätte, unzählige private Fotos und fünf Jahre zurückliegende Erinnerungen wiederzuerlangen, konnte trotz der viralen Weiterverbreitung der Bilder und trotz der aufklärerischen Kraft der sozialen Netzwerke bisher noch nicht gelüftet werden.
Ist das Mädchen eine Deutsche oder Österreicherin?
Das mittelalterliche Städtchen Český Krumlov in Südböhmen ist nicht nur bei Paddlern und Kanuten, sondern auch bei ausländischen Touristen ein äußerst beliebtes Reise- und Ausflugsziel. Zwei Fotos zeigen die gesuchte Unbekannte zudem in Prag auf der Karlsbrücke. Es wäre also durchaus denkbar, dass auch Deutsche oder Österreicher zur Aufklärung dieser Fundsache beitragen könnten.
Immerhin wurde inzwischen der Hersteller der "Ertrunkenen" und ihres Speichermediums publik: Es handelt sich um eine Exilim mit einem Chip von Panasonic, das Beweismaterial veröffentlichte Lubomír Zajíček aus Vlašim nun doch, Verdacht auf virale Werbung hin oder her.
Neueste Entwicklung in der spannenden Causa: "Die Nachforschungen nach dem Mädchen aus dem abgesoffenen Fotoapparat haben uns heute zu ganz grundlegenden Informationen geführt, die hoffentlich zur Aufdeckung seiner Identität führen werden."
Gepostet am gestrigen Montag von "Zajdatour", einem Anbieter von Kanufahrten und Raftingtouren (im Logo ein Paddel und das Motto: "Wir machen es anders"), weiterverbreitet von Lubomír Zajíček aus Vlašim. (nk)