Prag - In Prag gewinnt die Personaldiskussion im Vorfeld der geplanten Kabinettsumbildung an Schärfe. Am Dienstag bekräftigte Ministerpräsident Mirek Topolánek (ODS) seine Absicht, KDU-ČSL-Chef Jiří Čunek als Minister für Regionalentwicklung abzusetzen. Dagegen sei er fest entschlossen, Miroslav Kalousek, ebenfalls von der KDU-ČSL, als Finanzminister zu behalten.
Topolánek stellt sich damit gegen das Führungsgremium seiner christdemokratischen Koalitionspartner, das kurz zuvor genau das Gegenteil beschlossen hatte: Čuneks Verbleib im Kabinett und stattdessen Kalouseks Ausscheiden aus der Regierung.
Die Umbildung des Kabinetts, infolge des schlechten Abschneidens der Regierungsparteien ODS, KDU-ČSL und SZ (Grüne) unabwendbar, war ursprünglich für den gestrigen Montag angekündigt. Topolánek verschob den Termin aber kurzfristig um eine Woche und wollte konkrete Personalfragen auch von entsprechenden internen Entscheidungen der Koalitionspartner abhängig machen.
Mit Hinblick auf die KDU-ČSL, die fünf Minister stellt, machte der Premier allerdings kein Hehl aus seinen Präferenzen. Er erklärte offen, sich ein Kabinett ohne Jiří Čunek gut vorstellen zu können. Auf der anderen Seite bezeichnete er Miroslav Kalousek als "besten Minister, den die KDU-ČSL in ihrer Geschichte je hatte".
Eine solche Wertschätzung genießt Kalousek in seiner eigenen Partei nicht. Viele Volksparteiler werfen dem Finanzminister in wichtigen Fragen eine zu große Nähe zur liberalen ODS von Mirek Topolánek vor, mit dem ihn auch eine persönliche Freundschaft verbindet.
Zuletzt sorgte Kalousek in der KDU-ČSL für Verärgerung, als er ein Gesetz unterstützte, das tschechischen Subjekten das Anbieten von Internet-Wetten ermöglicht. In den Augen der konservativen KDU-ČSL-Mitglieder entspricht dies einem aktiven Beitrag zur Beschleunigung des Sittenverfalls. Aus haushaltspolitischer Sicht aber sicherte die Entscheidung Milliarden von Steuereinnahmen für den Staat. Vorher setzten tschechische Tipp-Fans ihre Wetten ausschließlich über ausländische Websites.
Kalousek fehlt Rückhalt in der eigenen Partei
Auf die Unterstützung durch Premier Topolánek kann sich Kalosuek verlassen. Was seinen parteiinternen Stand betrifft, zitierte er am Dienstag in einem Zeitungsinterview den KDU-ČSL-Vize Stanislav Juránek. Dieser hätte ihn als "guten Minister für Tschechien, aber schlechten Minister für die KDU-ČSL" bezeichnet. Doch diesen Widerspruch lässt Kalousek nicht gelten. "Ich habe einen Verfassungseid abgelegt und bin überzeugt, dass ich als Minister im Dienst der Tschechischen Republik stehe. Ich bin überzeugt davon, dass das, was für die ČR gut ist auch für meine Partei gut ist", so der Finanzminister selbstbewusst.
Angesichts von Topoláneks offener Stellungnahme für Kalousek zeigte sich KDU-CSL-Chef Jiří Čunek befremdet. Seine Abberufung als Vizepremier und Leiter des wichtigen Regionalentwicklungsressorts könne der Premier "nicht ernst gemeint" haben, so Čunek gegenüber dem Online-Dienst Novinky.cz.
Für Befremdung sorgte diese Personaldiskussion auch beim politischen Gegner. "Kabarettreif", urteilte der Chef der oppositionellen Sozialdemokraten (ČSSD), Jiří Paroubek, und sprach an die Adresse Topoláneks seine schon fast standardmäßige Forderung aus: Rücktritt. (gp)