Prag - Offener Machtkampf in der ODS: Der ODS-Vorsitzende Mirek Topolánek hat am Freitag seinen Vorgänger an der Parteispitze, Václav Klaus, kritisiert und ihn vor einer Einmischung bei den Bürgerlichen Demokraten gewarnt.
Wie der Server Novinky.cz (Prag) meldet, erklärte Topolánek, der tschechische Staatspräsident und ODS-Ehrenvorsitzende sei aktivistischer, als er es selbst vor seiner Wiederwahl versprochen habe. Nach Einschätzung von Premier Topolánek hat Klaus die Rolle des überparteilichen Präsidenten verlassen.
Klaus hatte in den vergangenen Tagen in Prag und gestern in Česká Lípa demonstrativ die ODS-Senatskandidaten unterstützt, die zu den innerparteilichen Gegnern von Topolánek gerechnet werden. Nach dem Wahldebakel für die ODS bei den Regionalwahlen am vergangenen Wochenende hatte Klaus mehr oder weniger deutlich Topolánek den Schwarzen Peter für das Abschneiden zugeschoben, die abgewählten Bezirkshauptmänner dagegen überschwänglich gelobt.
Für Sonntag nach den Stichwahlen zum Senat ist Klaus als Gast in der politischen Diskussionssendung "Nedělní partie" auf dem Privatsender TV Prima angekündigt. Auf die Frage von Journalisten, ob er erwarte, dass auch der Staatspräsident die ODS im Fernsehen zur "Selbstreflexion" aufrufe, so wie es Topoláneks Rivalen derzeit allenthalben tun, sagte Topolánek am Freitag: "Davor würde ich ihn warnen wollen."
Topolánek kritisierte zudem Klaus' Verhalten in den vergangenen Tagen: "Ich glaube, dass sein Eingreifen in das Geschehen in der ODS eine aktive Rolle in der Politik übersteigt. Ich habe das Gefühl, dass er aktivistischer ist, als er es versprochen hat. In diesem Sinne hat ihm die Rolle des überparteilichen Präsidenten besser gestanden", so Topolánek.
Abgewählte Hauptmänner lehnen Eintritt in Topláneks Kabinett ab
Am Donnerstag wurde unterdessen bekannt, dass Premier Topolánek dem abgewählten, noch amtierenden mittelböhmischen Bezirkshauptmann Petr Bendl das Angebot gemacht hat, in sein Regierungskabinett einzutreten. Das allgemeine Angebot, das sich nicht auf ein bestimmtes Ressort bezogen habe, habe er jedoch abgelehnt, sagte Bendl gestern gegenüber Journalisten.
Topolánek bestätigte heute, dass er Bendl ein entsprechendes Angebot gemacht habe und kritisierte, dass dieser damit sogleich an die Öffentlichkeit gegangen sei. Bendl hatte nach der Wahl die Ablösung von Topolánek an der Parteispitze gefordert und angekündigt, dass er gegebenenfalls selbst im Dezember gegen Topolánek antreten werde, falls nicht Prags Oberbürgermeister Pavel Bém den jetzigen Parteichef herausfordere.
Vor dem Hintergrund, dass Premier Topolánek auch dem scheidenden Bezirkshauptmann Evžen Tošenovský aus dem Bezirk Mährisch-Schlesien einen Kabinettsposten angeboten haben soll und der tschechische Premier überraschend eine für nächste Woche geplante Reise in die USA abgesagt hat, mehren sich Spekulationen über eine Regierungsumbildung.
In der Schusslinie steht dabei besonders Gesundheitsminister Tomáš Julínek (ODS), dem viele in der ODS eine entscheidende Mitverantwortung für das Wahldebakel ihrer Partei geben. Dessen Ablösung hatte unter anderem auch Petr Bendl gefordert. (nk)