Prag - Die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice und ihr tschechischer Amtskollege Karel Schwarzenberg haben am Dienstag in Prag den Grundlagenvertrag über die Errichtung eines militärischen Radars in Tschechien unterzeichnet.
Damit der Vertrag auch in Kraft treten kann, ist von tschechischer Seite für die Ratifizierung noch die Zustimmung des tschechischen Parlaments notwendig sowie die Unterzeichnung des Vertrags durch den tschechischen Staatspräsidenten.
Condoleezza Rice bezeichnete das Vertragswerk nach der feierlichen Unterzeichnung als ein Element, das Freunde verbinde, die das gleiche Risiko trügen. Auch der tschechische Außenminister lobte das Abkommen: "Dieser Vertrag ist Bestandteil einer konsistenten Politik der Tschechischen Republik. Erste Aufgabe der Außenpolitik eines jeden Staates ist es, die eigene Sicherheit zu gewährleisten. Dieser Vertrag erhöht nicht nur die Sicherheit der Tschechischen Republik, sondern auch die Sicherheit ganz Europas und des euroatlantischen Raumes", so Schwarzenberg.
Über US-Truppenstatut wird noch verhandelt
Der bilaterale tschechisch-amerikanische Vertrag ist dabei nur einer von zwei Verträgen, die das geplante Militär-Projekt betreffen. Über den zweiten, den sogenannten SOFA-Vertrag (Status of Forces Agreement), der die Bedingungen für den Aufenthalt amerikanischer Streitkräfte in Tschechien und den Status ihrer Soldaten regelt, wird noch verhandelt. Knackpunkt dabei sei die Frage, ob die US-Soldaten in Tschechien Steuern zahlen müssen, meldet der Online-Dienst Novinky.cz Washington wolle demnach Steuerfreiheit für die US-Soldaten durchsetzen, wogegen Prag sich sperre.
Tschechien und die USA hatten sich bereits im April auf dem Nato-Gipfel in Bukarest auf den heute unterzeichneten Radar-Grundlagenvertrag geeinigt. Die tschechische Regierung hatte den Vertrag am 21. gebilligt. Bevor auch der SOFA-Vertrag unterschrieben wird, sollen über das erste Abkommen und das Militärprojekt beide tschechischen Parlamentskammern abstimmen.
Ob das Parlament dem Vertrag zustimmen wird, ist dabei offen. Während die Zustimmung des von der Regierungspartei ODS dominierten Senats als sicher gilt, ist das Kräfteverhältnis von Befürworten und Gegnern des Militärprojekts im Prager Abgeordnetenhaus unübersichtlich.
Mehrheitsverhältnisse im Abgeordnetenhaus unübersichtlich
Die Opposition aus Sozialdemokraten und Kommunisten, die ursprünglich über die Hälfte der 200 Abgeordnetenmandate verfügte, ist gegen das Projekt. Allerdings sind vier einstige Sozialdemokraten schrittweise ins Regierungslager übergewechselt. Vorbehalte gegen das Projekt gibt es auch im Regierungslager, wie zum Beispiel beim KDU-ČSL-Abgeordneten Ludvík Hovorka.
Die Grünen wiederum - die immerhin Karel Schwarzenberg als Außenminister ins Kabinett entsandt hatten - wollen, dass der Vertrag erst ratifiziert wird, wenn der neue amerikanische Präsident im Amt und dessen Haltung gegenüber dem geplanten Raketenschirm in Europa klar ist. Die Grünen-Abgeordneten Olga Zubová und Věra Jakubková hatten zudem mehrfach ihre Ablehnung gegenüber dem Projekt zum Ausdruck gebracht. auch der grüne Bildungsminister Ondřej Liška gilt zumindest als Radar-Skeptiker.
Wie die Nachrichtenagentur AP meldet, hat der russische Außenminister Sergej Lawrow unterdessen angekündigt, dass die Tschechische Republik mit militärischen Gegenmaßnahmen Russlands rechnen müsse, sollte das heute unterzeichnete Abkommen ratifiziert werden.
Radar stößt in der tschechischen Bevölkerung mehrheitlich auf Ablehnung
Die Akzeptanz der geplanten Radarstation und der Stationierung amerikanischer Streitkräfte auf tschechischem Boden ist seit langem eher gering. Mehr als zwei Drittel der Befragten sprechen sich in Umfragen regelmäßig gegen das Projekt aus.
Parallel zum Besuch von Condoleezza Rice fanden am heutigen Dienstag den ganzen Tag über verschiedene Protestaktionen in Prag statt. An einem Protestumzug am Abend, der vom Wenzelsplatz bis zur US-Botschaft auf der Kleinseite führte, beteiligten sich nach Medienberichten mehrere Hundert Radargegner (Foto rechts).
Nach der Unterzeichnung des Vertrags war es zu einem Zwischenfall gekommen: Als Karel Schwarzenberg Pro-Radar-Demonstranten begrüßen wollte, bewarfen Gegendemonstranten den tschechischen Außenminister mit Tomaten. (nk)