Prag - Österreich wird nicht gegen die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Temelín klagen.
Das war aus tschechischer Sicht gestern das wichtigste Ergebnis des ersten offiziellen Besuchs von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) in Prag.
Zwar sprach Gusenbauer dies nicht konkret aus, aber beide Seiten einigten sich darauf, die Sicherheit des umstrittenen Atomkraftwerkes künftig von einer gemeinsamen Kommission tschechischer und österreichischer Parlamentarier direkt vor Ort zu kontrollieren.
Mirek Topolánek betonte, dass Temelín - auch wenn es so etwas wie eine „neverending story“ sei - bei Weitem nicht das einzige oder wichtigste Thema in den bilateralen Beziehungen sei. Man habe vor allem über Wirtschafts- und Verkehrsprojekte gesprochen, unter anderem über den Ausbau der Autobahn Brünn-Wien, so Topolánek. Auch Tschechiens Beitritt zum Schengen-Raum sei ein Thema gewesen.
Schwere Enttäuschung bei österreichischen Grünen über Gusenbauer-Gespräch zu Temelín
Scharfe Kritik am Ergebnis der Temelín-Gespräche von Bundeskanzler Gusenbauer mit dem tschechischen Regierungschef Topolánek übt die Grüne Umweltsprecherin Ruperta Lichtenecker. „Die vollständige Behebung der Sicherheitsmängel des AKW Temelín ist bis heute nicht erfolgt, trotzdem ist das AKW im kommerziellen Vollbetrieb. Das bedeutet einen Bruch des bilateralen Abkommens aus 2001. Statt Klartext zu sprechen, den umgehenden Nachweis der Behebung der Sicherheitsmängel einzufordern und eine Völkerrechtsklage in den Raum zu stellen, wie ihm dies der Nationalrat per einstimmigen Antrag als Auftrag nach Prag mitgegeben hat, hat sich Kanzler Gusenbauer einen veritablen Umfaller in Sachen Temelín geleistet. Das ist eine schwere Enttäuschung“, kritisiert Lichtenecker.
Sie verweist darauf, dass es im Rahmen des Melker Prozesses bereits seit fünf Jahren einen so genannten Sicherheitsdialog zwischen österreichischen und tschechischen Experten gibt und dass auch Abgeordnete der beiden Parlamente schon vor Jahren zu Gesprächen zusammengetroffen sind. „Die Verantwortung liegt aber ganz klar bei Kanzler und Umweltminister, die gefordert sind, umgehend den Auftrag des Nationalrates umzusetzen “, so Lichtenecker. (nk/gp)