Trutnov/Prag - Tschechiens ältestes Rockfestival, das Trutnov Open Air, das oft auch als "tschechisches Woodstock" bezeichnet wird, fällt dieses Jahr definitv aus. Das berichtet heute das öffentliche-rechtliche Tschechische Fernsehen (ČT).
Hintergrund für die Entscheidung sind die ungelösten Probleme bei der Suche nach einem neuen Veranstaltungsort, nachdem der traditionelle Festivalort, die Waldbühne am Ortsrand von Trautenau, in diesem Jahr nicht zur Verfügung stand.
Zwar hatten die Organisatoren um Festivalmitbegründer Martin Věchet sich zähneknirschend entschieden, das Open Air in diesem Jahr auf eine grüne Wiese zu verlegen - getreu dem Motto "zurück zu den Anfängen".
Denn die Wurzeln des Musikfestes liegen in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre im tschechoslowakischen Underground und Umfeld der Charta 77 und bis heute umflort die Veranstaltung ein Hauch von Dissidententum. Als Schutzpatron des "tschechischen Woodstock" gilt über seinen Tod hinaus "Häuptling" Václav Havel.
Und so sollte das diesjährige Festival unter der Bezeichnung "Gartenfest und Open Air Workshop" in der zweiten Augusthälfte auf einer Wiese unweit von Hradeček, wo Václav Havel sein Landhauses hatte, "über dem Wigwam unseres Häuptlings" stattfinden.
Doch diese Pläne stießen auf den Widerstand des örtlichen Gemeinderates. Auf den Webseiten des Festivals heißt es dazu: "Schon beim ersten Treffen im April hat uns ein ortsansässiger Unternehmer, ein langjähriges Mitglied der kommunistischen Partei und nun der ODS, bei der Bürgermeisterin gesagt: 'Ich will hier kein Rockfestival, ich höre Jazz.' Und damit war das Signal ausgesendet."
Tatsächlich soll die Gemeinde Mladé Buky, auf deren Gebiet die als Festivalort auserkorene Wiese liegt, einige Verordnungen erlassen haben, die speziell auf die geplante Musikveranstaltung abzielten.
"Die Gemeinde, an deren Rand sich das Grundstück befindet, hat Bedingungen aufgestellt, die es unmöglich machen, das Festival mit seinem traditionellen Geist und Programmstruktur zu verwirklichen", beklagt sich Martin Věchet gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Rozhlas.cz.
Statt Bands, die fast bis zum Morgengrauen Musik machen, sollte demnach um 22 Uhr Schluss sein und mit lauten Instrumenten schon ab 20 Uhr. Zudem habe sich die Gemeinde die "Stöcke zwischen die Beine" noch mit einer "unüblichen zwanzigprozentigen Gebühr auf die Tickets" versilbern lassen wollen.
Auf den Webseiten gibt sich der "Geronimo Tribe" dennoch optimistisch: "Unsere Aktivitäten verschieben wir so auf das nächste Jahr. Freuen wir uns über den kommenden Sommer und See You Later... Schon jetzt melden sie sich aus verschiedenen Territorien, Städten und Gemeinden mit dem Angebot zu lagern. Höchstwahrscheinlich werden wir uns dieses Jahr etwas für euch ausdenken... " (nk)