Prag - Ungewöhnliche Aufregung im sonst eher verschlafenen Unterhaus des tschechischen Parlaments am späten Mittwochnachmittag: Auf der Besuchergalerie des Hohen Hauses versucht ein Mann, die Brüstung zu überwinden und sich hinunter zwischen die Volksvertreter zu werfen, berichten tschechische Medien.
Beamte des Sicherheitsdienstes des Abgeordnetenhauses erkennen jedoch die Gefahr im Verzuge und schreiten rechtzeitig ein. Der Mann wird zu Boden geworfen und so von seinem Vorhaben in letzter Sekunde abgebracht.
Unklarheit herrscht zunächst über die Beweggründe des parlamentarischen Störenfrieds: Irres Attentat oder suizidale Verzweiflungstat - beides scheint möglich.
Jiří Komorous, der Direktor des für die Sicherheit der tschechischen Abgeordneten zuständigen Dienstes der Polizei, stellte am Mittwochabend gegenüber der in Prag erscheinenden Tageszeitung Mladá fronta Dnes jedoch klar: Es handelte sich bei dem Vorfall um keinen Angriff auf die Politiker. Und er lobt seine Beamten: Diese hätten professionell und ihrem Training entsprechend schnell und richtig gehandelt.
Wörtlich sagte Jiří Komorous zur Identität des in Polizeigewahrsam genommenen Mannes: "Es ist ein Bürger der Tschechischen Republik, der - wie wir festgestellt haben, schon einige unvollendete Selbstmordversuche hinter sich hat."
Der Mann habe sich gegenüber den ermittelnden Beamten auch zu seiner Selbstmordabsicht bekannt. Die Polizei ermittle in der Sache als Selbstmordversuch.
Der Online-Dienst Novinky.cz berichtet, der etwa fünfzigjährige Mann sei aus familiären und finanziellen Gründen bereits als Selbstmordkandidat aktenkundig, weil er versucht habe, sich von der Nuselský most zu stürzen. Die Brücke über den Stadtteil Nusle in Prag galt jahrelang als Magnet für Selbstmörder, bis sie mit einem kaum zu überwindenden Geländer gesichert wurde. (nk)