Prag - Innenminister František Bublan erwägt nach eigenem Bekunden nicht, im Zusammenhang mit dem massiven Polizeieinsatz gegen die Teilnehmer der Technoparty CzechTek von der Funktion des Innenministers zurückzutreten.
"Ich bin überzeugt, dass das Vorgehen der Polizei richtig war", wiederholte er heute auf einer Pressekonferenz.
Die Schuld für den Zusammenstoß von Polizisten mit Teilnehmern der Party schreibt er vielmehr den Veranstaltern von CzechTek zu. Nach seinen Angaben hätten diese nämlich von Anfang an nicht mit der Polizei kommuniziert. Bublan erinnerte daran, dass die Veranstalter von Anfang an den Ort der Veranstaltung geheim gehalten hätten und konspirativ vorgegangen seien, und so bei der Polizei seiner Meinung nach berechtigterweise Befürchtungen hervorgerufen hätten.
Bublan sagte, dass einige Reaktionen der Öffentlichkeit, Medien und Politiker ihn persönlich träfen. Insbesondere störten ihn Vergleiche des Polizeieinsatzes vom Wochenende mit den Aktionen und brutalen Übergriffen der kommunistischen Polizei vom November 1989.
Teilnehmer der Technoparty hatten den Polizisten Beschwichtigungsparolen entgegengerufen, die von den Studenten im November 1989 bei den Demonstrationen verwendet worden waren, die schließlich in der Samtenen Revolution mündeten.
"Wir haben einen demokratischen Staat, eine demokratische Polizei und wollen dass die Polizei ein bestimmtes Wort hat und eine bestimmte Macht hat, um das Recht durchzusetzen und das Eigentum unserer Mitmenschen zu schützen“, so Bublan.
Zugleich erinnerte er daran, dass die Polizei im vergangen Jahr umgekehrt dafür kritisiert worden war, dass sie die damals illegal auf einem Privatgrundstück durchgeführte Aktion CzechTek nicht verhindert habe und nicht entschieden genug aufgetreten sei.
Ein Stellvertreter des Polizeipräsidenten Vladislav Husák sagte, die Polizei sei von der Brutalität der versammelten Menschen überrascht worden. "Ich hatte nicht erwartet, dass wir auf so eine aggressive Menge treffen.
Gestörte Nachtruhe, Abfall, frei umherlaufende Hunde
Hinter die Polizisten stellte sich auch der Bürgermeister der Gemeinde Přimda, Jan Sobko. Er führt an, dass die Teinehmer der Technoparty gegen die Gemeindeverordnungen verstoßen hätten. Daher habe er sich am Samstag an die Bezirksdirektion der Polizei mit der Aufforderung gewandt, die öffentliche Ordnung wieder herzustellen.
"Und zwar dahingehend, dass ich um eine Lösung bis zum 30.7. bis 21.00 Uhr erwarte", so Sobko. Nach Aussagen des Bürgermeistes haben die Technofans in der Nacht von Freitag zum Samstag die Nachtruhe gestört, in der Gemeinde uriniert und Abfälle umhergeworfen. Die Kinder des Ortes hätten sich zudem vor den frei umherlaufenden Hunden gefürchtet.
Kritik am Vorgehen der Polizei hatten gestern bereits viele Oppositionspolitiker, aber auch der tschechische Staatspräsident Václav Klaus geäußert.
Bei dem Polizeieinsatz gegen Technofans, bei dem Wasserwerfer und Tränengas zur Räumung einer Wiese eingesetzt worden waren, waren etwa 100 Menschen verletzt worden und mussten ärtztlich behandelt werden, darunter auch viele Polizisten.
In der Nacht zum Sonntag kam zudem einer der Teilnehmer der Party ums Leben. Nach Angaben von Ilona Týmlová von der westböhmischen Polizei hänge der Tod aber nicht unmittelbar mit dem Polizeieinsatz zusammen. Nach ihren Angaben wurde ein 22-Jähriger aus Kladno gegen 5.30 Uhr am Sonntagmorgen von einem Lkw getötet. Der Fahrer beging Fahrerflucht.
Protestkundgebungen vor Innenministerium und auf der Letná-Ebene
Kritiker des Polizeieinsatzes haben für heue Nachmittag um 15 Uhr weitere Protestkundgebungen vor dem Prager Innenministerium und auf der Letná-Ebene angekündigt. Eine noch größere Veranstaltung ist für Mittwoch geplant.
Bereits am Sonntag hatten sich vor dem Innenministerium und später vor dem Regierungsamt einige Tausend Demonstranten eingefunden, nach deren Meinung der Einsatz der schwergepanzerten Einsatzkräfte gegen die Technoanhänger brutal , überflüssig und ungesetzlich gewesen sei. Verantwortlich dafür machen sie den sozialdemokratischen Premier Jiří Paroubek und Innenminister Bublan, dessen Rücktritt viele fordern.
Inzwischen ist auch der juristische Streit um die Verantwortlichkeit voll entbrannt. So weist die Bezirksstaatsanwalt Tachov jede Verantwortung für den Einsatz von sich. (nk)