Prag - Bereits zum zweiten Mal in der Geschichte der Tschechischen Republik werden sich am 15. und 16. Oktober auch wieder in Tschechien lebende EU-Bürger an den Kommunalwahlen beteiligen können.
Möglich macht es die mit dem EU-Beitritt 2004 übernommene Gesetzgebung, die EU-Bürgern sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen einräumt - wenn sie eine Aufenthaltsgenehmigung zum dauerhaften Aufenthalt in Tschechien besitzen.
Tschechien Online fasst die wichtigsten Punkte zusammen, um sich als in Tschechien lebender EU-Ausländer an der Kommunalwahl beteiligen zu können: von den notwendigen Dokumenten zur Wählerregistrierung bis zu Einzelheiten zur gültigen Stimmabgabe.
Antworten auf praktische Fragen: von der Registrierung bis zum Urnengang
Phase 1: Wählerregistrierung
Wer ist wahlberechtigt?
Konkret müssen insbesondere drei Voraussetzungen erfüllt werden, damit sich ein Staatsangehöriger eines EU-Landes in Tschechien an der Wahl der Ortsvertretungen beteiligen kann.
Wahlberechtigt sind EU-Bürger,
- die spätestens am zweiten Wahltag 18 Jahre alt sind
- die am Wahltag in einer Gemeinde Stadt oder der Hauptstadt Prag mit dauerhaftem Aufenthalt gemeldet sind. Die Aufenthaltsgenehmigung zum dauerhaften Aufenthalt (povolení k trvalému pobytu) wird von den Dienststellen der Ausländerpolizei in Form eines violetten Ausweises ausgegeben (Průkaz o povolení k pobytu).
- die in den Anhang des ständigen Wählerverzeichnisses (dodatek stálého seznamu voličů) eingetragen sind.
Wer führt das ständige Wählerverzeichnis?
Das ständige Wählerverzeichnis führen das jeweilige örtliche Gemeindeamt (Obecní úřad), Stadtamt (Městský úřad) oder der Magistrat einer statuarischen Stadt (Magistrát statutárního města), in deren Verwaltungsbezirk die Wähler ihren Wohnsitz haben, also dort zum dauerhaften Aufenthalt gemeldet sind.
Einen Wähler, der Staatsangehöriger eines anderen EU-Staates ist, schreibt das jeweils zuständige Amt in den Anhang des ständigen Wählerverzeichnisses auf dessen eigenen Antrag ein (žádost o zápis do dodatku stálého seznamu voličů pro občany členských států Evropské unie). Dieser Antrag kann persönlich gestellt werden oder auch schriftlich, und zwar bis spätestens 13. Oktober 2010 um 16 Uhr. Das Gemeindeamt ist verpflichtet, dem Antrag innerhalb von 48 Stunden stattzugeben oder in der Frist schriftlich die Gründe mitzuteilen, warum dem Antrag nicht stattgegeben wurde.
Welche Dokumente müssen bei der Wählerregistrierung (Eintrag in den Anhang des ständigen Wählerverzeichnisses) vorgelegt werden?
Neben dem mündlich oder schriftlich vorgebrachten Antrag muss der Antragsteller
- seine Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU nachweisen (Personalausweis oder Reisepass)
- seinen dauerhaften Aufenthalt (trvalý pobyt) in der Gemeinde (trvalý pobyt) (violetter Ausweis Průkaz o povolení k pobytu)
Praxistest der Wählerregistrierung
Ein Praxistest bei der Registrierung als Wähler beim Stadtamt in Prag 4 verlief reibungslos. Die Informationsstelle im Foyer wusste Bescheid und konnte die zuständigen Sachbearbeiter samt Zimmernummer sofort nennen.
Die Sachbearbeiter waren freundlich und führte die mündlich vorgebrachte Bitte zur Registierung als Wähler nach Vorlage des violetten Aufenthaltsausweises (Průkaz o povolení k pobytu) auf der Stelle durch. Die Prozedur dauerte keine 10 Minuten, die nötigen Wahlunterlagen wurden inswischen per Post zugestellt.
Phase zwei: Stimmabgabe am Wahltag
Wann wird gewählt?
Die Wahlen finden an zwei Tagen statt, am Freitag, den 15. Oktober 2010 von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr und am Samstag, den 16. Oktober 2010 von 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr. Die Stimmabgabe erfolgt nur in Wahllokalen auf dem Gebiet der Tschechischen Republik.
Wo kann man seine Stimme abgeben?
Der Wähler stimmt im Wahllokal seines Wahlkreises ab. Der Bürgermeister der Gemeinde veröffentlicht bis spätestens 15 Tage vor der Wahl auf die ortsübliche Weise, welche Gemeindeteile in welche Wahlkreise fallen und führt die Adressen der Wahllokale an.
Ist auch die Stimmabgabe außerhalb des Wahllokals möglich?
Ein Wähler kann insbesondere aus gesundheitlichen Gründen beim Gemeindeamt und an den Tagen der Wahl bei der örtlichen Wahlkommission beantragen, dass er außerhalb des Wahllokales seine Stimme abgibt, allerdings nur in seinem Wahlbezirk. In dem Falle schickt ihm die örtliche Wahlkommission zwei Kommissionsmitglieder mit einer mobilen Wahlurne und den nötigen Wahlumschlägen zur geheimen Stimmabgabe.
Welche Dokumente müssen im Wahllokal vorgelegt werden?
Im Wahllokal hat der Wähler vor dem Bezirkswahlausschuss seine Identität und Staatsbürgerschaft nachzuweisen (Reisepass oder Personalausweis, violetter Aufenthaltsausweis Průkaz o povolení k pobytu).
Nach Eintragung in den Auszug aus dem ständigen Wählerverzeichnis oder seinen Nachtrag oder in das besondere Wählerverzeichnis erhält der Wähler vom Bezirkswahlausschuss einen grauen Umschlag für die Wahlen zu den Gemeindevertretungen, der mit dem Amtssiegel versehen ist.
Stimmzettel
Die Stimmzettel für die Kommunalwahl sind in einem Zustellumschlag spätestens 3 Tage vor dem Wahltag, d.h. dem 12. Oktober 2010 an die Wähler zuzustellen. Bei Beschädigung oder Verlust eines Stimmzettels oder wenn der Wähler feststellt, dass er nicht alle Stimmzettel erhalten hat, kann der Wähler im Wahllokal vom Bezirkswahlausschuss die Ausgabe eines neuen, vollständigen Stimmzettels für die Wahlen zu den Gemeindevertretungen verlangen. Der Stimmzettel für die Wahlen zu den Gemeindevertretungen kann beiderseitig ausgedruckt sein.
Im Kopf jedes Stimmzettels sind der Name der Gemeinde und die zu wählende Zahl der Gemeindevertretungsmitglieder angegeben. Die Kandidaten jeder Wahlpartei sind auf einem gemeinsamen Stimmzettel in der von der Wahlpartei bestimmten Reihenfolge angegeben, und zwar in eigenständigen umrahmten und nebeneinander platzierten Spalten. Sollte dies wegen der Anzahl der Wahlparteien nicht möglich sein, werden die Spalten auf der nächsten Seite fortgesetzt.
Die Angabe über die Mitgliedschaft der einzelnen Kandidaten in den politischen Parteien oder politischen Bewegungen ist auf dem Stimmzettel mit einer Abkürzung angeführt.
Der Stimmzettel ist am Ende des Textes mit dem Stempel des Gemeindeamtes versehen, das die Funktion der Registrierungsbehörde für die entsprechende Gemeinde erfüllt.
Kennzeichnung des Stimmzettels
Nach Erhalt der amtlichen Wahlumschläge, gegebenenfalls der Stimmzettel, betritt der Wähler die Wahlzelle.
Bei den Wahlen zu den Gemeindevertretungen kann der Wähler den Stimmzettel nach einer der folgenden Möglichkeiten kennzeichnen:
1. Im Quadrat im Spaltenkopf, vor dem Namen der Wahlpartei, nur eine Wahlpartei ankreuzen. Damit wird die Stimme für die Kandidaten dieser Wahlpartei in der Reihenfolge entsprechend dem Stimmzettel in der Anzahl abgegeben, die der in der Gemeinde zu wählenden Anzahl der Gemeindevertretungsmitglieder entspricht.
Sollte auf diese Weise mehr als eine Wahlpartei gekennzeichnet werden, wäre die Stimme damit ungültig.
2. Im Rahmen vor den Namen der Kandidaten denjenigen Kandidaten, für den gestimmt wird, ankreuzen, und zwar aus jeder beliebigen Wahlpartei, höchstens jedoch soviel Kandidaten, wie viel Mitglieder der Gemeindevertretung gewählt werden sollen. Die in der Gemeinde zu wählende Anzahl der Gemeindevertretungsmitglieder ist im Kopf des Stimmzettels angegeben.
Sollten auf diese Weise mehr Kandidaten als die festgelegte Anzahl gekennzeichnet werden, wäre die Stimme damit ungültig.
3. Außerdem können beide, in den vorstehenden Punkten beschriebene Möglichkeiten kombiniert werden, und zwar, indem eine Wahlpartei angekreuzt wird und weiterhin im Rahmen vor dem Namen des Kandidaten weitere Kandidaten, für die die Stimme abgegeben wird, und zwar in beliebigen eigenständigen Spalten, in denen die übrigen Wahlparteien angeben sind. In diesem Fall wird die Stimme für die einzeln gekennzeichneten Kandidaten abgegeben. Für die gekennzeichneten Wahlparteien wird die Stimme entsprechend der Reihenfolge auf dem Stimmzettel nur für so viele Kandidaten abgegeben, wie viele zur Ergänzung der Anzahl der gewählten Gemeindevertretungsmitglieder nötig sind. Wenn z.B. 11 Vertretungsmitglieder gewählt werden sollen und eine Wahlpartei mit 11 Kandidaten und außerdem 5 Kandidaten individuell, aus den Spalten weiterer Wahlparteien angekreuzt wurden, wurden damit für die angekreuzte Wahlpartei 6 Stimmen abgegeben, und zwar für die Kandidaten auf den ersten sechs Plätzen.
Sollte auf diese Weise mehr als eine Wahlpartei oder mehr Kandidaten, als die bestimmte Anzahl gekennzeichnet werden, wäre die Stimme damit ungültig.
Nach der Kennzeichnung hat der Wähler den Stimmzettel in den amtlichen Wahlumschlag grauer Farbe einzulegen.
Ungültige Stimmabgabe
Sollte der Wähler auf dem Stimmzettel weder eine Wahlpartei noch einen Kandidaten kennzeichnen, den Stimmzettel nicht in den amtlichen Wahlumschlag einlegen, den Stimmzettel durchreißen oder mehrere Stimmzettel für die gleiche Gemeindevertretung in den amtlichen Wahlumschlag einlegen, ist seine Stimme ungültig.
Stimmabgabe
Nach Verlassen der Wahlzelle stimmt der Wähler ab, indem er den amtlichen Wahlumschlag mit dem Stimmzettel vor dem Bezirkswahlausschuss in die Wahlurne legt. Sollte der Wähler die Wahlzelle nicht betreten, wird ihm die Stimmabgabe nicht ermöglicht.
Jeder Wähler hat persönlich zu wählen, eine Vertretung ist nicht zulässig. Kann ein Wähler jedoch die Kennzeichnung des Stimmzettels wegen einer körperlichen Behinderung oder weil er nicht schreiben oder lesen kann, nicht selbst vornehmen, darf er die Wahlzelle in Begleitung eines anderen Wählers, jedoch nicht eines Mitglieds des Bezirkswahlausschusses, betreten, der für ihn den Stimmzettel kennzeichnet und in den amtlichen Wahlumschlag einlegt bzw. auch den amtlichen Wahlumschlag in die Wahlurne legt. (nk)