Prag - Ihre Pforte bildet der schwarze Altstädter Brückenturm, mit einem imposanten Blick auf die Prager Burg und gesäumt von monumentalen Statuen empfängt sie ihre Besucher: Die Karlsbrücke (Karlův most) verbindet Altstadt und Kleinseite und zählt zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Prags.
Beschwingt vom Swing einer Jazz-Combo beginnt man seinen Gang auf Pflasterstein, darf den ehemaligen Krönungsweg der böhmischen Könige beschreiten. Vorbei an Puppenspielern und Straßenkünstlern, eine Allee aus Skulpturen durchwandernd, erstreckt sich einem die Moldau zu beiden Seiten.
An einem sonnigen Spätnachmittag leuchten die Häuserfassaden, markant steigen die zur Verteidigung erbauten Brückentürme empor. Auf die Brüstung gestützt lässt sich der Blick auf das Moldautal genießen. Am späten Abend trifft man hier auf Foto-Shootings für Modemagazine oder die letzten Nachtschwärmer auf dem Heimweg.
Tschechische Romantik mit Panoramablick
So sehr Touristen die Romantik der Karlsbrücke lieben, die Prager umgehen sie meist. Oft überlaufen, sollte man Gedränge vermeiden sowie sich vor Taschendieben in Acht nehmen. Nur nachts oder in den frühen Morgenstunden kann man von ihr das Panorama mit Prags Türmen in Ruhe genießen.
Die Karlsbrücke ist eine der ältesten erhaltenen Steinbrücken Europas. Nachdem ihre Vorgängerin, die Judithbrücke aus dem 12. Jahrhundert von den Fluten der Moldau verschluckt wurde, wurde 1357 unter Karl IV. in der Regie des Architekten Peter Parler mit dem Bau der Karlsbrücke begonnen. Ein Hofastronom bestimmte den magischen Zeitpunkt zum Brückenbau: Das Palindrom 1-3-5-7-9-7-5-3-1 wurde zum Jahr 1357, dem 9.7., an welchem um 5 Uhr und 31 Minuten der erste Stein gelegt wurde. Bis ins 19. Jahrhundert sollte sie, 516 Meter lang und zehn Meter breit, die einzige Brücke über die Moldau sein.
Eine Legende von Eiern und Wein
Damit die Brücke Bestand hatte, rührte man Wein und Eier in den Mörtel mit ein. Aus ganz Böhmen wurden die Zutaten gebracht. Die Bürger aus Velvary nannten sich besonders klug: Sie kochten die Eier hart, damit sie ihnen auf dem Transport nicht zerbrachen. Ganz Prag machte sich über die vermeintlich scharfsinnigen Bürger lustig. Über Jahrhunderte hinweg, so heißt es, musste das Dorf das Gespött ertragen.
Die einmalige Komposition der 31 Statuen entstand erst ab dem 17. Jahrhundert. Bedeutende tschechische Bildhauer, etwa Matthias Bernhard Braun und Johann Brokoff, schufen die Skulpturen im Barock-Stil. Besonders beliebt bei den Tschechen ist die Statue des Johannes von Nepomuk, dessen Grab sich in der St. Veits-Kathedrale befindet. Der Heilige wurde angeblich 1393 an dieser Stelle in der Moldau ertränkt.
Auch die 31. Statue vor der Kampa-Halbinsel, Bruncvík, birgt eine Legende. So soll sich das Schwert des Bruncvík, der es nach dem Kampf mit einem Drachen erworben haben soll, im Mauerwerk der Brücke befinden.
Wird Böhmen jemals in großer Gefahr schweben, so wird der heilige Wenzel erscheinen, sein weißer Hengst wird über einen Stein in der Karlsbrücke stolpern und das allmächtige Schwert wird erscheinen. „Alle Köpfe des Feindes ab!“, Wenzel wird Böhmen retten, auf dass alles wieder gut wird.
Brückenschäden und das Hochwasser 2002
Mehrmals wurde die Karlsbrücke durch Fluten beschädigt, nicht zuletzt im Jahre 2002. Noch heute wirkt das große Hochwasser nach, so dass Besucher mit Renovierungsarbeiten an der Brücke rechnen müssen. Die Brücke soll trotz allem begehbar bleiben.
Auch die Statuen werden seit 1965 witterungsbedingt nach und nach durch Repliken ersetzt, die Originale werden im Lapidarium des Nationalmuseums aufbewahrt. (jk)