Ein gutes tschechisches Erstligaspiel, eine beeindruckende „Pyroshow“ und dennoch fühlt sich der Stadionbesuch beim 2:0-Sieg Sparta Prags über Viktoria Pilsen befremdlich an. Die Rahmenbedingungen des Fußballspiels sind schuld, und wohl vergangene Hooliganvorfälle.
Zwei Stunden vor Anpfiff stehen bereits viele Polizisten, bewaffnet mit Schlagstöcken und Pfefferspray, vor der Heimstätte Sparta Prags. Auch die berittene Polizei ist im Einsatz und Wasserwerfer werden vorgefahren. Verhältnisse, die ich aus Deutschland nur von Hochsicherheitsspielen kenne, bei denen allerdings auch meistens ein gewisses Aggressionspotential vorhanden ist. Das fehlt bei der Begegnung heute.
Am Eingang stehend, muss ich über die Verbotsschilder schmunzeln. Auf diesen wird erläutert, dass Bomben, Schlagstöcke, Pistolen und Drogen verboten sind. Werden im Stadion etwa Drogen „vertickt"? Oder konsumiert, um sich besser schlagen und erschießen zu können? - Habe ich mal gelesen, dass das unter Hooligans so üblich ist, um das Schmerzempfinden zu unterdrücken. Bier gibt es übrigens keines im Stadion, außer alkoholfreies.
Schräg unter Spartas Heimkurve sitze ich. Stehplätze gibt es im Stadion keine. Deren Abschaffung ist eine beliebte Maßnahme gegen Gewalt und soll für mehr Übersicht sorgen. Ich blicke hoch und wundere mich über die Position des Heimblocks, in dem sich auch die Ultragruppierungen befinden. Eventuell auch paar Hooligans - ist nicht ganz auszuschließen. Ins letzte Eck hat man sie gesteckt. Im Block darunter befinden sich nur vereinzelte Fans, weshalb sich keine brachiale Stimmung aus der Kurve entwickeln kann. Sogar der gegenüberliegende Gästeblock wirkt lauter und voller als das kleine Sparta-Eck. Dieser wird ebenfalls im Namen der Sicherheit durch eine Sperrung des Nachbarblocks vom restlichen Stadion isoliert. Die Sperrung des Blocks hat demnach auch zur Folge, dass das Spitzenspiel nicht vor einem gefüllten Stadion stattfindet.
Während dem Spiel passiert dann das, was aus Sicht der Sicherheitsverantwortlichen, die Polizeipräsenz und alle anderen Maßnahmen wohl rechtfertigt. Beide Lager brennen in einer Regelmäßigkeit ihre Pyrotechnik ab. Beeindruckend, aber auch gefährlich. Denn es fliegen auch einige der Feuerwerkskörper aus dem Sparta-Block in den darunter liegenden Bereich. Der ist zwar wenig besucht, trotzdem müssen die einzelnen Menschen beiseite springen. Dies erklärt dann wohl auch, weshalb der Block nicht gefüllt ist.
Eine ausgebeutete Fußballkultur ist hier spürbar, was mich mit der Atmosphäre rund um das Stadionerlebnis „fremdeln“ lässt. Schuld daran sind wohl üble Hooliganvorfälle in den 90er Jahren und die Verschärfung der Sicherheitsbestimmungen als Reaktion, die allerdings nicht nur in Sachen zu großer Polizeipräsenz übertrieben erscheinen.
Dem Fußball wurden hier Dinge genommen, die ihn auch ausmachen: Ein volles Stadion, Bier und eine anständige Kurve mit Stehplätzen für eine „aktive“ Fankultur.
Nur die „Pyroshow“, die bleibt. Trotz aller Hinweise auf den Videotafeln, dass das Abbrennen von Feuerwerkskörpern zu unterlassen ist.