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Prag | Rubrik: Reise | 28.10.2010

Der Kirchturm von St. Niklas auf der Kleinseite

Hunderttürmiges Prag - Teil 4

  • Blick von der Prager Burg auf die Kleinseite mit St. Niklas

Prag - Nur ein paar Meter vom Kleinseitner Brückenturm entfernt und direkt über einer Starbucks-Filiale befindet sich die barocke St.-Niklas-Kirche und damit der nächste Turm. Der Eingang zu diesem 74 Meter hohen Bauwerk liegt an der Südseite der Kirche, gut bewacht von einem Torhüter in mittelalterlicher Montur.

Hat dieser einem den Weg ins Innere freigegeben, erwartet einen dort zunächst ein überaus gesprächiger Ticketverkäufer. So kann man erst nach einem Schwätzchen den 215 Stufen langen Aufstieg beginnen.

Nachdem man die erste Treppe hinter sich gelassen hat, kommt man zur Dienstwohnung des Turmwächters. Während die zwischen 1703 bis 1735 vom Architekten Christoph Dientzenhofer und später seinem Sohns Kilian Ignatz erbaute Kirche im Besitz des Jesuitenordens war, gehörte der Glockenturm seit jeher der Gemeine auf der Kleinseite. Somit diente der Turm nicht nur als Glockenturm, sondern auch als Wachturm. Der letzte Wächter tat hier seinen Dienst bis zum Jahre 1891. Zu seinen Aufgaben gehörte es, im Falle eines Feuers Alarm zu läuten, sowie ein rote Fahne oder bei Nacht eine Laterne in Richtung des Brandes am Turm zu befestigen.

In den alten Gemächern des Wachmannes, in denen sich noch etliche alte Möbel und Gebrauchsgegenstände wie ein Nachttopf zu sehen sind, befindet sich heute eine Ausstellung zu Thema „Prager Glocken“. Und diese ist viel spannender als man erwarten würde. Die Exposition stellt die bedeutendsten Prager Türme und ihre Glocken vor, gibt Aufschluss über die allgemeine Geschichte und die Entwicklung, die Herstellung und Ausschmückung der Glocke, sowie über mit der Glocke verbundene Legenden. Darüber hinaus gibt es auch einen interaktiven Part. Durch das Ziehen an Schnüren kann man unterschiedliches Glockenläuten, sowie Sterbe- oder Messegeläut auslösen und versuchen, die Unterschiede herauszuhören

Wer dann vom Gebimmel taub genug ist, kann sich zum Aussichtsrondell aufmachen. Hat man gefühlte zwei Stunden später dieses endlich erreicht, wird man für die Strapazen aber auch belohnt. Von hier oben hat man einen sehr schönen Blick auf das Gewusel und die vorbeifahrenden Trams und Autos auf dem Kleinseitner Ring. Daneben gibt es hier auch einen herrlichen Blick auf die ausgedehnten Grünflächen des Petřín-Parks mit dem Aussichtsturm und auf die amerikanische Botschaft.

Nach dem Ausblick auf Prag ist die Besichtigung jedoch noch nicht zu Ende. Seit Anfang des Jahres haben die Besucher des St.-Niklas-Kirchturmes die Möglichkeit, sich das originalgetreu rekonstruierte Büro der Staatssicherheit direkt unter dem Dach des Turmes anzusehen. Hier hatte der StB, die tschechoslowaksiche Stasi, seit den 50er Jahren die umliegenden Botschaften der USA, der Bundesrepublik Deutschland, Italien und Frankreich und deren Besucher beobachtet. Unter strenger Beobachtung eines Offiziers der Staatssicherheit, kann man sich hier über die Abhörmethoden des StB informieren und sich unzählige Apparaturen zur Informationsbeschaffung ansehen.

Der Arbeitsraum im Turm der St.-Niklas-Kirche ist im übrigen einer von über siebzig Räumlichkeiten des tschechoslowakischen Geheimdienstes in Prag, jedoch der einzige, der für den Besucher zugängig ist. (mk)

Autor: Monika Kindermann
Zuletzt aktualisiert: 19.3.2016
Weitere Infos: www.stnicholas.cz

Info

Kostel sv. Mikuláše na Malé Straně (St. Niklas)

Malostranské nám.
118 00
Praha 1
info@stnicholas.cz
Tel: +420 257 534 215

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