Endlich, nach fast vier Monaten in Prag, bin auch ich mal im „Reduta“ gewesen. Diese Bar ist nicht nur Prags ältester Jazz-Keller. Sie ist vor allem durch den Besuch 1994 der damaligen Präsidenten Václav Havel und Bill Clinton berühmt geworden.
Etwas Präsidenten-Flair stieg in mir auf, als ich zunächst ahnungslos auf demselben Platz saß wie einst Clinton. Eine silberne Plakette, die im grünen Sofa-Stoff eingearbeitet war, machte mich dezent auf diese Ehre aufmerksam.
Heute wirbt das Reduta pausenlos mit dem Präsidenten-„Paar“ Havel / Clinton und hat sich ansonsten dem Tourismus verschrieben. Ich denke nicht, dass sich im Publikum auch nur ein Tscheche an diesem Abend im Reduta befand. Neben der Überzahl an Deutschen war vor allem eine Gruppe junger Asiatinnen auffällig. Diese lauschten eher gelangweilt als beschwingt den fremden Jazz- und Bluestönen und schlichen sich in der ersten Pause davon.
Der Innenausstattung des Reduta merkte man an, dass alles noch original zu sein schien. Nun kann man darüber streiten, ob man grüne Polsterbänke als stilvoll oder geschmacklos bezeichnen will. Eine gemütliche Atmosphäre kam in dem langen, schlauchartigen Raum jedenfalls nicht auf.
Bei einem Blick in die Getränkekarte kam ebenso wenig Freude auf: Der halbe Liter Bier wird hier im günstigsten Falle für 80 Kronen angeboten. Diese Preislage bestätigte mich in der Vermutung, dass aus der Szene-Kneipe von früher ein touristischer Hotspot geworden ist.
Fairerweise muss ich sagen: Die Musik war sehr gut – und das ist es ja, was eigentlich zählt. Solider Dixieland-Jazz, zauberhaft vorgetragen von einer Boyband, deren Altersdurchschnitt bei etwa 70 Jahren lag. Die gediegenen Herren versprühten ihren Charme und waren auch die 300 Kronen Eintritt wert.
Etwas von ihrem Glanz haben sie dann nur wieder am Ende verloren. Nach einem Dankeschön und Abschied auf tschechisch, englisch und deutsch folgte zum wiederholten Male eine spezielle Aufforderung: „Und bitte möglichst kaufen unsere CD am Ausgang.“ Soviel also zu Jazz-Clubs, wo früher Präsidenten und heute Touristen anzutreffen sind.