Prag - Am Freitag hat der parteilose Wirtschaftsprofessor Jan Švejnar offiziell bekannt gegeben, dass er bei der Präsidentschaftswahl gegen Amtsinhaber Václav Klaus antritt.
Doch hat er auch Chancen, der dritte Präsident der Tschechischen Republik zu werden?
Ausgeschlossen ist es zwar nicht, doch wie ein Blick der Wirtschaftszeitung Hospodářské noviny auf die Kräfteverhältnisse im Parlament und das Wahlprozedere zeigt, hat Václav Klaus weiterhin die besseren Karten.
Eine entscheidende Rolle bei der geheimen Wahl werden auf jeden Fall die Kommunisten spielen. "Wir wollen zwar eine Wahl von Václav Klaus in der ersten Runde der Prasidentschaftswahl verhindern, aber zugleich können wir Jan Švejnar nicht unsere Unterstützung zusagen.Wir müssen abwägen, was das kleinere Übel ist", so der stellvertrende KSČM-Vorsitzende Jiří Dolejš zum Dilemma der Kommunisten. Das folgende Szenario zeigt zugleich, dass eben jenes "Dilemma" den Kommunisten taktische Spielräume eröffnet.
Erster Wahlgang - K.O.-System
Auf dem Weg zum Präsidentenamt muss Jan Švejnar am 8. Februar zunächst erst einmal den ersten Wahlgang überstehen. Dafür muss er zumindest die Stimmenmehrheit im Prager Abgeordnetenhaus gewinnen. Denn in den ersten beiden Wahlgängen werden die Stimmen in den beiden Parlamentskammern gesondert gezählt, gewählt ist, wer in beiden Kammern die absolute Stimmenmehrheit erhält. Erst im dritten Wahlgang entscheidet die absolute Stimmenmehrheit aller Abgeordneten zusammen.
Václav Klaus kann sich dabei einer Mehrheit im oberhaus des Parlaments, im Senat, sicher sein: seine ODS verfügt dort mit 41 von 81 Sitzen über die absolute Stimmenmehrheit, zudem dürften einige Senatoren der Volkspartei und Unabhängige mit der ODS für Klaus stimmen. Im Abgeordnetenhaus hat die ODS 81 Sitze - dazu dürften sich nach Einschätzung von Hospodářské noviny noch fünf bis sechs Abgeordnete der Volkspartei hinzugesellen, nämlich der Flügel um Finanzminister Miroslav Kalousek. Weitere Stimmen für Klaus dürften von den beiden ehemaligen Sozialdemokraten Michal Pohanka und Miroslav Melčák kommen, die bereits seit einem Jahr verlässlich mit der ODS stimmen.
Švejnar kann dagegen auf das Versprechen der eher uneins auftretenden ČSSD (72 Sitze) und der Grünen (6 Sitze) zählen, ihn zu wählen. Wahrscheinlich werden Švejnar auch einige Abgeordnete der Volkspartei um Cyril Svoboda ihre Stimme geben (5 bis 6 Abgeordnete).
Bei einem solchermaßen ausgeglichenen Stand entscheidet das Wahlverhalten der Kommunisten über das Weiterkommen von Jan Švejnar: der Herausforderer braucht mindestens 15 der 26 kommunistischen Stimmen. Den Äußerungen von Vertretern der KSČM am Wochenende nach zu urteilen, scheint es ausgemachte Sache zu sein, dass die KSČM-Abgeordneten sich in diesem Wahlgang nicht der Stimme enthalten werden (und somit faktisch Klaus' Sieg schon in der ersten Runde perfekt machten), sondern zunächst einen Sieg Švejnars im Abgeordnetenhaus ermöglichen wollen. Ein offizieller Standpunkt der erweiterten Parteiführung dazu steht freilich noch aus.
Zweiter Wahlgang - Kräftemessen
Erneut werden die Stimmen beider Parlamentskammern getrennt gezählt. Sollte Švejnar noch im Rennen sein, ist es unwahrscheinlich, dass einer der beiden Kandidaten in der zweiten Runde die Mehrheit in beiden Parlamentskammern erhält. Die zweite Runde der Präsidentschaftswahl gilt eher als ein weiterer Test und eine Kräftemessen vor dem Finale. Vor allem lässt sie noch Spiel für Verhandlungen.
Die Devise der Kommunisten dabei hat am Wochenende ihr Vorsitzender Vojtěch Filip auf den Punkt gebracht: "Früher erklang oft die Parole 'Mit Kommunisten redet man nicht'. Um die KSČM kommt man auf der politischen Bühne aber nicht herum." Mit anderen Worten: weder Klaus noch Švejnar können damit rechnen, die kommunistischen Stimmen im dritten Wahlgang einfach so geschenkt zu bekommen.
Dritter Wahlgang - Finale
Gewählt wird nun in beiden Parlamentskammern zusammen. Wer mindestens 141 Stimmen erhält (bei einer Wahlbeteiligung aller Abgeordneten) hat die Wahl gewonnen. Auch hier ist Václav Klaus im Vorteil: 122 Stimmen der ODS, der "Präsidentenflügel" der KDU-ČSL (mindestens 10 bis 12 Stimmen), die Überläufer Melčák, Pohanka - das alles macht eine Wiederwahl von Václav Klaus sehr wahrscheinlich. Im dritten Wahlgang könnte zudem ein weiterer Effekt eintreten, an den Hospodářské noviny erinnert: So habe bei der Wahl vor fünf Jahren ein hoher Vertreter der KDU gesagt: "Es ist für uns nicht akzeptabel, dass ein Präsident gewählt wird, für den wir nicht gestimmt haben."
Klaus könnte so im dritten Wahlgang noch einmal sechs bis acht Stimmen hinzugewinnen. Švejnar ist dagegen im Nachteil: seine Unterstützung ist zwar quer durch das politische Spektrum breiter gefächert. Aber selbst bei einer unwahrscheinlichen hundertprozentigen Unterstützung seitens der ČSSD, der Kommunisten, der Grünen und ihrer verbündeten Senatoren muss er noch zwölf Stimmen hinzugewinnen.
Sollte ihm das gelingen, so hätte er für eine erstklassige politische Sensation gesorgt, urteilt das Blatt. Etwa so, wie Klaus bei seiner Wahl zum Staatspräsidenten im Jahr 2003. (nk/gp)