Prag - Die Protestaktionen in Tschechien im Zusammenhang mit der blutigen Beendigung der Technoparty CzechTek 2005 am vergangenen Wochenende reißen nicht ab.
In Prag versammelten sich Samstag Nachmittag etwa 4 000 bis 5 000 überwiegend junge Menschen zu einer friedlichen Demonstration. Die Beteiligung fiel damit deutlich schwächer aus als erwartet.
Die Veranstalter hatten nach eigenen Angaben mit bis zu 15 000 Teilnehmern gerechnet und die größte Protestkundgebung gegen Polizeigewalt seit den Demonstrationen vom November 1989 angekündigt, die sich damals an der brutalen Niederknüppelung einer Studentendemonstration entzündet hatten und in der Samtenen Revolution mündeten.
Der Koordinator der Proteste, David Čermák, forderte auf der Demonstration vor dem Innenministerium die Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungskommission des Polizeieinsatzes am vergangenen Wochenende und erklärte, man sei auch zu Verhandlungen mit Vertretern der Regierung bereit. Allerdings nicht mit Premier Paroubek oder Innenminister Bublan.
Prominente Unterstützer
Die Regierung wurde aufgefordert, sich so schnell wie möglich zur Berechtigung des Polizeieinsatzes zu äußern. Von der Polizei erwarte man Auskunft, wer über den Einsatz entschieden habe.
Die Proteste unterstützen auch der an der Kundgebung teilnehmende Musiker Michael Kocáb und die populäre Schriftstellerin und Fernsehmoderatorin Halina Pawlowská.
Kocáb hatte bereits auf der Demonstration am Mittwoch die Petition gegen den Polizeieinsatz unterschrieben und den Einsatz dabei als eine „Schweinerei, die kommunistische Einsätze kopiert“ bezeichnet.
Proteste auch in anderen Städten Tschechiens und im Ausland
Deutlich kleinere Protestveranstaltungen fanden auch in Brünn und Jablonec nad Nisou statt. Vor der tschechischen Botschaft in Paris protestierten französische Technoanhänger. In Berlin stoppte vor der tschechischen Botschaft die sogenannte Fuckparade, die als nichtkommerzielles Gegenstück zur LoveParade entstanden war. Der Stopp vor der tschechischen Botschaft verlief ohne Zwischenfälle. Ebenso wie bei dem ganzen Umzug waren auch hier etwa 20 Polizeiautos und einige Dutzend Polizisten anwesend.
Die heutige Demonstration ist der vorläufige Höhepunkt einer ganzen Reihe Aktionen, die der Einsatz von etwa 1 000 Polizisten gegen 5 000 Teilnehmer der Technoparty bei Mlýnec na Tachovsku hervorgerufen hat. Bei der gewaltsamen Räumung und Zusammenstößen für die sich die beiden Seiten gegenseitig verantwortlich machen, wurden über 100 Technoanhänger und Polizisten verletzt.
Innenminister František Bublan hatte den Einsatz als unumgänglich bezeichnet. Unterstützt und gerechtfertigt hat ihn auch Premier Paroubek. Staatspräsident Václav Klaus hält den Einsatz dagegen für einen „groben Fehler“. Der Senat, das von der oppositionellen ODS dominierte Oberhaus des tschechischen Parlaments, hatte den Einsatz gestern in einer Beschlussfassung als „unverhältnismäßig“ bezeichnet. (nk)