Prag - Der durch Urheberrechtsverletzungen im Internet entstandene Schaden kann nicht dadurch beziffert werden, dass einfach der Preis eines Originals auf DVD oder CD mit der Menge der illegal verbreiteten Kopien multipliziert wird.
Das ist die Kernaussage eines Verdikts des Obersten Gerichts in Brünn, das in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde, berichtet die tschechische Nachrichtenagentur ČTK.
Das Gericht stellte sich dabei auf die Seite des Internetpiraten René Rozmahel aus Brünn, den das Stadtgericht in Brünn im Oktober 2013 zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung und Schadensersatz in Höhe von 11 Millionen Kronen (etwa 400.000 Euro) verurteilt hatte.
Rozmahel hatte auf sogenannte Filehosting-Server, die zur Datenablage dienen, insgesamt 372 Film- und 33 Musikwerke hochgeladen und in verschiedenen Foren links zu dem urheberrechtlich geschützten Material gesetzt. Den nach der Zahl der Downloads bezifferten Schaden sollte er nach dem Urteil des Stadtgerichts der Vertreibergesellschaft und den Filmstudios ersetzen. Das Regionalgericht in Brünn hatte das Urteil im vergangenen Jahr bestätigt.
In seiner Berufung beim Obersten Gericht bezeichnete Rozmahel die Höhe des ihm zum Ersatz auferlegten Schadens als "ungerecht und existenzvernichtend". Sein persönlicher Gewinn, den er in Form von Premiumkrediten erhalten hatten, betrug nur 7.810 Kronen.
Nach Ansicht des Obersten Gerichts ist zwar bewiesen, dass der Internetpirat eine Straftat in beträchtlichem Umfang begangen hat.
Allerdings seien keine objektiven Beweise erbracht worden, die den genauen Schadensumfang belegen würden. Der den Inhabern der Urheberrechte entgangene Gewinn sei nämlich mit einem gewissen Maß an Sicherheit nachzuweisen und nicht nur mit hypothetischen Erwägungen.
So hätten die Urteile der niedrigeren Instanzen nicht genügend die Spezifika des Internets berücksichtigt. Man könne nicht davon ausgehen, dass die Zahl der illegalen Downloads die Menge der verkauften Originale um dieselbe Zahl gesenkt habe.
Denn sicher würden nicht alle Leute, die sich die Filme und Musik kostenlos heruntergeladen hätten, andernfalls die Originaldatenträger gekauft haben. Zudem seien die Filme auch auf anderen Servern zum illegalen Download zugänglich gewesen. Das Gericht hält es daher für angemessener, im Strafverfahren mit dem Preis für das legale Ansehen im Internet und nicht mit dem Preis für den Kauf der Datenträger zu kalkulieren.
Das jetzt veröffentlichte Urteil war bereits im Oktober ergangen. Das Stadtgericht, das den Fall erneut verhandeln muss, sollte nach Auffassung des Obersten Gerichts einen Sachverständigen hinzuziehen, um zu ermitteln, welcher Gewinn den Inhabern der Urheberrechte durch die Downloads tatsächlich entgangen ist. (nk)