Prag - Zwischen Premier Mirek Topolánek und dem Prager Oberbürgermeister Pavel Bém herrscht ein innerparteilicher "offener Krieg" - so zumindest die Einschätzung der in Prag erscheinenden Tageszeitung Lidové noviny.
Hintergrund ist die im ersten Anlauf misslungene Wiederwahl von Václav Klaus zum Staatspräsidenten. ODS-Chef Topolánek kritisiert Pavel Bém, seinen ersten Stellvertreter in der Partei, in einem in der Donnerstagsausgabe erscheinenden Gespräch mit Lidové noviny scharf und wirft ihm "totales Versagen" vor.
Bém hatte das Verhalten der ODS gegenüber der offenen Wahl zum Staatspräsidenten als Fehler der Parteiführung bezeichnet - mit Topolánek als Parteichef an der Spitze. Topolánek kontert diesen Vorwurf im Gespräch mit Lidove noviny jedoch und wirft Bém umgekehrt vor, als Verhandlungsführer der ODS versagt zu haben. Denn Bém habe, anders als er selbst, als einzige Variante mit der geheimen Wahl des Staatspräsidenten gerechnet - die aber gegen den Widerstand aller anderen Parlamentsparteien am vergangenen Wochenende auch nach stundenlangem Taktieren der ODS nicht durchzusetzen war.
"Falls jemand von den Verhandlungsführeren total versagt hat, dann ist es gerade Pavel Bém, der auch auf dem ODS-Gremium als einzige Variante für die geheime Wahl eingetreten war. Obwohl gerade ich es war, der gesagt hat, wir müssen beide Wege verfolgen", so Topolánek wörtlich in den Interview.
"Keine einzige Stimme" für Klaus
Nach Topoláneks Einschätzung hat Bém in der offenen Abstimmung für Klaus "nicht eine einzige Stimme" holen können, was wohl wegen Béms zurückhaltender Haltung gegenüber den Christdemokraten und den Grünen nicht möglich gewesen sei, ätzt Topolánek in dem Interview weiter. "Von daher gebe ich mehr oder weniger nichts darauf, was Pavel Bém sagt“, so der Premier.
Das Verhandlungsteam der ODS wurde am 22. September 2007 gebildet - bestehend aus ODS-Chef Topolánek, seinem ersten stellvertretenden Parteivorsitzenden Pavel Bém, ODS-Fraktionschef Petr Tluchoř und dem Vorsitzenden der ODS-Senatorenfraktion, Jiří Stříteský. Pavel Bém soll dem Team inzwischen nicht mehr angehören, meldet der Online-Dienst Novinky.cz.
Topolánek zeigt sich trotz des innerparteilichen Streits zuversichtlich, dass Klaus in der anstehenden Präsidentschaftswahl wiedergewählt werde. Im Falle aber, dass Klaus' Wiederwahl scheitere, hoffe er, dass in der ODS nicht die Meinung überhand nehme, man müsse die Grünen aus der Prager Regierung hinauswerfen, weil diese Klaus' Gegenkandidaten Jan Švejnar unterstützt haben.
In einer ersten Reaktion gegenüber Lidové noviny äußert Bém die Vermutung, dass Mirek Topolánek einfach die "Nerven verloren" habe. "Dass Mirek Topolánek dieses Thema jetzt eröffnet und er sich aus der Verantwortung für den Misserfolg bei der ersten Wahl stehlen will, ist eine traurige Tatsache für mich. Ich halte das für ein Risiko für den Erfolg bei der zweiten Wahl", wird Bém von Lidové noviny zitiert. (nk/gp)