Prag - Das tschechische Abgeordnetenhaus hat der Dreierkoalition aus Bürgerlichen Demokraten, Christdemokraten und Grünen unter der Führung von Premier Mirek Topolánek von der ODS (Foto) am Freitagabend um kurz vor 20 Uhr mehrheitlich das Vertrauen ausgesprochen.
Damit ist die mehr als sieben Monate währende Regierungskrise infolge der Parlamentswahlen 2006 und des Patts im Abgeordnetenhaus beendet: Das Land hat endlich wieder eine vom Parlament legitimierte Regierung.
In der Vertrauensabstimmung stimmten in namentlicher Abstimmung 100 von 200 Abgeordneten für die Regierung, 97 stimmten gegen sie und drei Abgeordnete enthielten sich der Stimme, beziehungsweise waren nicht anwesend.
Das äußert knappe Abstimmungsergebnis zugunsten von Topoláneks zweitem Kabinett war möglich geworden, weil es der Regierungskoalition gelungen war, zwei Abweichler aus den Reihen der Opposition, nämlich die Abgeordneten Miloš Melčák und Michal Pohanka (ursprünglich ČSSD) dazu zu bewegen, die Regierung zu tolerieren.
Die Stimme eines dritter Abgeordneten, des Sozialdemokraten Petr Wolf, wurde offenbar lediglich aus formalen Gründen vom Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses Miloslav Vlček (ČSSD) wegen Abweichung von der vorgebenen Abstimmungsfloskel als Enthaltung gewertet.
Abweichler bleiben Abstimmung fern und sichern so Regierungsmehrheit
Von den beiden Abweichlern fehlte der Abgeordnete Michal Pohanka während der gesamten heutigen Debatte, Miloš Melčák wiederum verließ kurz vor der Vertrauensabstimmung den Sitzungssaal. Zuvor hatte er jedoch in einer flammenden Rede unter dem Applaus der Regierungskoalition den ČSSD-Vorsitzenden Jiří Paroubek scharf angegriffen.
Bereits am Dienstagabend hatten Melčak und Pohanka vor Journalisten in Prag erklärt, sie wollten sich bei der Vertrauensabstimmung enthalten und das Kabinett von Mirek Topolánek so de facto unterstützen.
Zudem hatten sie am Freitagmorgen eine Vereinbarung mit der Regierung unterschrieben, in denen ihre Bedingungen für eine langfristige Tolerierung festgeschrieben wurden und die als Absicherung dienen sollte, dass sich die Regierung auch nach gewonnener Vertrauensabstimmung an ihre den beiden Abweichlern gemachten programmatischen Zugeständnisse halten würde.
Topolánek vermeidet Triumphgeschrei und Siegerpose
Unmittelbar nach der gewonnenen Vertrauensabstimmung ergriff der gleichermaßen erleichtert wie erschöpft wirkende Topolánek noch einmal kurz das Wort: "Ich danke für das Vertrauen, das ist kein großer Triumph und uns erwartet viel Arbeit. Ich hoffe, dass wir die Steuereinnahmen besser zählen, als Bratský den Verlauf der Abstimmung".
Ein kleiner Scherz, den sich der soeben in seiner Funktion bestätigte Regierungschef erlaubte, in Anspielung auf einen Fehler der dem parlamentarischen Protokollanten Petr Bratský von der ODS unterlaufen war: Der hatte als Abstimmungsergebnis zunächst nur 99 statt der tatsächlich 100 abgegebenen Stimmen für die Regierung verkündet. (nk)