Prag - Dramatische Momente auf der Prager Burg: Erst nach mehr als zehn Stunden, um kurz nach 20 Uhr wurde am Freitag die über Verfahrensfragen ausgetragene Blockade bei der Präsidentschaftswahl in Tschechien gelöst.
Der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Miloslav Vlček (ČSSD), der die gemeinsame Sitzung beider Parlamentskammern leitete, ließ über den von ihm bereits am Vormittag vorgelegten Antrag zum Wahlmodus beide Parlamentskammern getrennt abstimmen.
Der Antrag lautete, dass die Wahl zum Staatspräsidenten in geheimer Abstimmung verlaufen soll. Der Antrag erhielt im von der ODS dominierten Senat erwartungsgemäß die Mehrheit, wurde aber anschließend von der Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt. Daraufhin konnte Vlček verkünden, dass der Antrag auf geheime Wahl nicht die Zustimmung beider Parlamentskammern gefunden habe und somit abgelehnt sei. Folgerichtig werde die Wahl des Staatspräsidenten ohne weitere Abstimmungen in offener Abstimmung durchgeführt.
Im anschließenden ersten Wahlgang erhielt keiner der beiden Kandidaten die für die Wahl absolute Mehrheit sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Senat. Sowohl Amtsinhaber Václav Klaus als auch sein Herausforderer Jan Švejnar qualifizierten sich für den zweiten Wahlgang, der nach dem gleichen Modus verlief.
Offizielles Ergebnis des zweiten Wahlgangs wurde nicht mehr bekannt gegeben
Dramatischer Höhepunkt der stundenlangen, von Taktieren und gegenseitigen Vorwürfen der Obstruktion geprägten Parlamentssitzung war dann die Vertagung der Parlamentssitzung auf Samstagvormittag um 10 Uhr - noch bevor das offizielle Ergebnis des zweiten Wahlgangs bekannt gegeben worden war und trotz des Antrags des ODS-Fraktionsvorsitzenden Petr Tluchoř, die Sitzung über die ursprünglich bis 21 Uhr vereinbarte Sitzungszeit fortzuführen, um die Wahl des Staatspräsidenten zum Ende führen zu können. Zum dritten und entscheidenden Wahlgang hätte es möglicherweise nur noch eine halbe Stunde bedurft.
Václav Klaus erhielt im ersten Wahlgang von den Abgeordneten 92 von 198 Stimmen (zwei Stimmenenthaltungen), von den Senatoren 47 von 69 Stimmen. Švejnar erhielt von den Senatoren nur 32 Stimmen, von den Abgeordneten 106 Stimmen. Für einen Sieg im dritten Wahlgang wären zusammengenommen 141 Stimmen für einen Kandidaten notwendig.
Politische Beobachter werteten das knappe Ergebnis des ersten Wahlgangs als überraschenden Achtungserfolg für Jan Švejnar. Nach inoffiziellen Zahlen, die tschechische Medien am späten Freitagabend veröffentlichten, hat Václav Klaus jedoch im zweiten Wahlgang insgesamt 142 Stimmen erhalten. Im dritten Wahlgang, bei dem die Stimmenmehrheit in beiden Parlamentskammern gemeinsam entscheidend ist, wäre Václav Klaus mit dieser Stimmenzahl im Amt bestätigt. (nk/gp)