Prag - Der tschechische Premier und ODS-Vorsitzende Mirek Topolánek hat am Sonntag die Ansicht geäussert, dass die Präsidentschaftskandidatur des parteilosen Ökonomen Jan Švejnar im Zusammenhang mit Interessen der Bank ČSOB zu sehen ist, mit der die Tschechische Republik sich in einem Rechtsstreit befindet und deren Aufsichtsratschef Jan Švejnar ist.
Es gebe dort ein "Korruptionspotential" und Švejnar sei ein "Opfer" eines "gewissen langfristigen Geschäfts" bestimmter Interessengruppen um die ČSOB, sagte der Premier in der Diskussionsendung "Otázky Vávlava Moravce".
Die Wahlkampagne von Klaus' Herausforderer koste "ganz sicher nicht 500.000 Kronen - möglicherweise Euro", mutmaßt Topolánek. Švejnar tritt am 8. Februar gegen den von der ODS unterstützten Amtsinhaber Václav Klaus an und hat angekündigt, seinen Aufsichtsratsposten in der ČSOB niederzulegen, sollte er sich der Wahl durchsetzen. Bereits seit November vergangenen Jahres lässt Švejnar den Posten ruhen und nimmt weder an Sitzungen des Gremiums teil noch erhält er Bezüge.
An der Sendung im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen (ČT) nahmen auch auch die Vorsitzenden der anderen im Prager Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien teil: für die Grünen Martin Bursík, für die KDU-ČSL Jiří Čunek und für die oppositionellen Sozialdemokraten Jiří Paroubek und die Kommunisten Vojtěch Filip.
Sowohl Martin Bursík als auch Jiří Paroubek wiesen die unbelegten Behauptungen Topoláneks zurück. Der ČSSD-Vorsitzende Paroubek bezeichnete die Aussagen Topoláneks als "absurd, unverschämt und unerhört". "Wie wollte der Vorsitzende der stärksten Oppositionspartei mit dem Vorsitzenden einer Regierungspartei eine Korruptionskampagne organisieren?“, fragte Paroubek rhetorisch. Damit spielte er auf die Tatsache an, dass Jan Švejnar sowohl von der oppositionellen ČSSD als auch von Topoláneks Koalitionspartner, den mitregierenden Grünen unterstützt wird, die dessen Kandidatur initiiert hatten.
"Ich bedaure diese Aussage an die Adresse Jan Švejnars sehr", so auch Grünen-Chef Bursík und direkt an den tschechischen Regierungschef Mirek Topolánek gewandt: "Ich wäre vorsichtig mit solchen Angriffen, denn wir werden in der Koalition wieder anfangen müssen zusammenzuarbeiten."
Bursík: Präsidentschaftswahl "alle fünf Jahre aufs Neue unwürdig"
In der Debatte bekräftigte der Chef der KSČM, Vojtěch Filip, das Vorhaben seiner Partei, im Laufe des Wahlverfahrens noch einen neuen Kandidaten ins Spiel zu bringen, der quer durch das politische Unterstützung und eine Mehrheit finden könnte. Sowohl Grünen Chef-Bursík als auch ČSSD-Chef Paroubek erteilten diesem Plan jedoch eine klare Absage. Ihr Kandidat sei Jan Švejnar und dabei bleibe es.
Martin Bursík kritisierte während der Debatte scharf das indirekte Wahlverfahren, mit dem in Tschechien das Staatsoberhaupt vom Parlament und gewählt wird und plädierte dafür, nach der Wahl schnell den Weg für eine künftige Direktwahl durch das Volk zu ebnen. Die Wahl des Staatspräsidenten gestalte sich "alle fünf Jahre aufs Neue unwürdig", so Bursík. Der Vorschlag zu einer künftigen Direktwahl des Staatspräsidenten fand die Unterstützung der Vorsitzenden aller fünf im Parlament vertretenen Parteien. Sie sprachen sich für baldige Verhandlungen zu einer Verfassungsänderung aus.
ODS-Chef Topolánek verabschiedete sich vor dem zweiten Teil der Diskussionsendung, deren Sinn er zuvor schon in Zweifel gezogen hatte. Nur 80 Minuten später zeigte er sich in neben seinem Berater Marek Dalík in den Zuschauerrängen beim Fed-Cup-Tennismatch in Brünn.
Dalík gilt als graue Eminenz im Regierungsamt und die tschechischen Sozialdemokraten haben ihn seit langem im Verdacht, die Stimmen der sozialdemokratischen Überläufer Miloš Melčák und Michal Pohanka gekauft zu haben. (nk)