Prag - Angesichts knapper Kassen und zunehmender Konkurrenz hat die Tschechische Post (Česká pošta) eine Einnahmequelle entdeckt, an der sich die Geister scheiden. Neben Briefmarken und Umschlägen bekommt man am Schalter jetzt auch Zigaretten, wie der Online-Dienst der Tageszeitung Mladá fronta Dnes heute berichtet.
Briefträger hätten sogar Anweisung, die Ware beim Austragen aktiv anzubieten, sagte eine Informantin, die anonym bleiben wollte.
"Wenn wir monatlich nicht mindestens 800 Kronen Umsatz machen, wird uns das Gehalt gekürzt", beschreibt die Zustellerin die neue Praxis ihrer Behörde.
Die Ärztin Eva Králíková, Spezialistin für die Entwöhnung von Rauchern, ist vom Vorgehen der Post als staatlicher Behörde empört: "Tschechien hat das Abkommen zur Tabakkontrolle unterzeichnet, in dem wir uns dazu verpflichten, den Verkauf zu reduzieren. Und jetzt machen wir genau das Gegenteil?" Die Medizinerin will sich beim Gesundheitsministerium und der Postdirektion beschweren.
Bei der Post sieht man die Angelegenheit rein pragmatisch. "Wir suchen jede Krone. Es liegt uns viel daran, keine Verluste zu machen", sagt Ivo Mravinac, Leiter der Abteilung Kommunikation der Tschechischen Post. "Die Zigaretten verkaufen sich gut."
Mit der Erweiterung des Sortiments will die Post Verluste aus dem Briefgeschäft auffangen, jährlich rund 650 Millionen Kronen (etwa 25 Millionen Euro). Das Staatsunternehmen baut sein Zusatzsortiment konsequent aus und führt unter anderem Tageszeitungen, Schul- und Kinderbücher. Im vergangenen Jahr betrugen die Einnahmen aus dem Nebengeschäft etwa 300 Millionen Kronen. (gp)