Prag - Nach wochenlangem politischem Tauziehen zwischen ODS und den oppositionellen Sozialdemokraten (ČSSD) ist die Übergangsregierung unter dem parteilosen Jan Fischer in Prag perfekt. Am Dienstag Nachmittag überreichte der designierte Premier Staatspräsident Václav Klaus seine Kabinettsliste.
Am Freitag will dieser die neue Regierung offiziell berufen, meldete die tschechische Nachrichtenagentur ČTK.
Der Präsident zeigte sich mit dem gefundenen Kompromiss zufrieden und sagte, er verstehe dies als "Ende einer Zwischenperiode, Zwischenregierung oder Doppelregierung".
Am 24. März hatte das tschechische Abgeordnetenhaus der Drei-Parteien-Koalition unter dem ODS-Vorsitzenden Mirek Topolánek ihr Misstrauen ausgesprochen. Anschließend einigten sich die großen Parteien auf die Bildung eines Übergangskabinetts parteiloser Experten, die das Land für die Dauer des EU-Vorsitzes führen und bis zur Abhaltung von vorgezogenen Neuwahlen im Oktober regieren soll. Bis zuletzt waren zentrale Personalfragen wie die der Besetzung des Finanzministeriums offen.
Noch am Montag hatte der Topolánek den christdemokratischen Amtsinhaber Miroslav Kalousek vorgeschlagen, den die Sozialdemokraten jedoch als "inakzeptabel" ablehnten. Der ČSSD-Vorsitzende Jiří Paroubek bezeichnete Kalousek als "zentrale Figur" der scheidenden Regierung und erinnerte daran, dass dieser - entgegen der Absprache - Mitglied einer politischen Partei sei. Die ODS solle sich "das noch einmal durch den Kopf gehen lassen", empfahl der Oppositionsführer.
Statt Kalousek wird nun dessen bisheriger Stellvertreter Eduard Janota das Finanzressort führen. Der Parteilose gilt als Experte für haushaltspolitische Fragen und soll auf diesem Gebiet Kontinuität gewähren. Janota selbst hatte allerdings offen ein Verbleiben Kalouseks im Amt bevorzugt und diesen in einem Fernsehinterview als "besten Kandidaten" für die Leitung des Finanzministeriums bezeichnet. Erst auf Drängen von Mirek Topolánek angesichts des Drucks von Seiten der ČSSD lenkte Janota ein.
Ein weiterer Kompromiss betrifft die Beibehaltung des Ministeriums für Minderheiten und Menschenrechtsfragen. Hier soll der Amtsinhaber Michael Kocáb, obwohl von den Grünen nominiert, seine Arbeit auch unter Jan Fischer fortsetzen. (gp/nk)
Tschechische Übergangsregierung
Ministerpräsident - Jan Fischer
Vizepremier und Außenminister - Jan Kohout
Vizepremier und Verteidigungsminister - Martin Barták
Finanzen - Eduard Janota
Europaangelegenheiten - Štefan Füle
Innen - Martin Pecina
Justiz - Daniela Kovářová
Gesundheit - Dana Jurásková
Schule und Bildung - Miroslava Kopicová
Menschenrechte und Minderheiten - Michael Kocáb
Umwelt - Ladislav Miko
Verkehr - Gustáv Slamečka
Arbeit und Soziales - Petr Šimerka
Industrie und Handel - Vladimír Tošovský
Regionalentwicklung - Rostislav Vondruška
Landwirtschaft - Jakub Šebesta
Kultur - Václav Riedelbauch