Prag - Immer mehr Tschechen finden in Bayern einen Job. Insbesondere in der verarbeitenden Industrie und im Gastgewerbe sind tschechische Mitarbeiter gefragt und kommen gut unter, schreibt die tschechische Wirtschaftszeitung Hospodářské noviny (Prag).
Große Nachfrage besteht auch im Pflegewesen und sozialen Diensten. Allerdings fehlten manchen ansonsten geeigneten tschechischen Kandidaten ausreichende Deutschkenntnisse, um die offenen Stellen zu besetzen.
So jedenfalls fasst ein Mitarbeiter des Arbeitamtes im bayerischen Schwandorf, in dessen Kompetenz der deutsch-tschechische Arbeitsmarkt fällt, die Situation auf dem grenznahen Arbeitsmarkt zusammen.
Für Tschechen sind die Jobs in Deutschland finanziell in der Regel sehr attraktiv, denn in Bayern können sie leicht das Doppelte dessen verdienen, was sie in Tschechien gezahlt bekämen. Für Tschechen gelten dabei seit dem 1. Mai 2011 keinerlei Beschränkungen mehr für den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt.
Besonders in der bayerischen Grenzregion steigt die Zahl der tschechischen Mitarbeiter in den Firmen beständig. Das Interesse deutscher Arbeitgeber an tschechischen Mitarbeitern ist dabei weiterhin hoch. So jedenfalls schätzt ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes im bayerischen Schwandorf, in dessen Kompetenz der deutsch-tschechische Arbeitsmarkt fällt, die gegenwärtige Situation auf dem grenznahen Arbeitsmarkt ein.
Lohndumping kein Thema
Befürchtungen, dass es nach der Öffnung des Arbeitsmarktes einen Ansturm an billigen Arbeitskräften aus Tschechien geben werde, hätten sich nicht bewahrheitet. In der Regel würden tschechische Arbeitnehmer genauso bezahlt wie ihre deutschen Kollegen. Denn sofern Tariflöhne vereinbart seien, gelten diese für alle Beschäftigten eines Betriebes, egal ob Tschechen oder Deutsche.
Der Bedarf an tschechischen Arbeitskräften erkläre sich dabei vor allem aus der Tatsache, dass bei einer Arbeitslosenquote von etwa drei Prozent in bestimmten Branchen geeignete Kräfte in der Region schwer zu finden seien. Auf der anderen Seite der Grenze, in Tschechien also, sei die Erwerbslosenquote fast doppelt so hoch.
Den stärksten Impuls habe der grenznahe Arbeitsmarkt in einem Gürtel von etwa 40 bis 50 Kilometer von der tschechischen Grenze erfahren, hier sei die Zahl der tschechischen Mitarbeiter in deutschen Betrieben "enorm" gestiegen, seit Mai 2011 um etwa 4000 Beschäftigte.
Denn die Arbeitsplätze auf deutscher Seite würden besonders von tschechischen Pendlern genutzt, die weiterhin in Tschechien wohnen blieben und zur Arbeit über die Grenze fahren. Das Modell "in Deutschland arbeiten, in Tschechien wohnen" ist dabei sowohl aus wirtschaftlicher als auch sozialer Sicht für die tschechischen Arbeitnehmer ideal, da diese so nicht nur ein hohes Einkommen hier und niedrigere Lebenshaltungskosten drüben kombinierten. Zudem müssen sie so nicht ihr gewohntes soziales Umfeld aufgeben. Das ist nicht unwichtig, denn allgemein gelten Tschechen als wenig mobil und mit nur einer geringen Bereitschaft, für einen Arbeitsplatz den Wohnort zu wechseln.
Das Potential, das der grenznahe Arbeitsmarkt in Deutschland für Tschechen hat, ist jedoch längst nicht ausgeschöpft. Ein begrenzender Faktor dabei sind freilich unzureichende Deutschkenntnisse tschechischer Bewerber. Deutsche Arbeitgeber bedauern, dass die Deutschkenntnisse insbesondere in der Grenzregion nicht noch stärker gefördert würden, denn die fachliche Qualifikation alleine nütze in vielen Fällen nichts, wenn sie nicht von guten Deutschkenntnissen flankiert werde.
Das gelte ganz besonders in Pflegeberufen und in anderen sozialen Berufen, bei denen die zwischenmenschliche Kommunikation eine Schlüsselrolle spielt. Umgekehrt gelte: "Wenn jemand Deutsch kann, dann hat er sehr gute Chancen, Arbeit in deutschen Firmen zu finden". (nk)