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Prag | Rubrik: Reise | 10.1.2009

Prager Top Ten: Wenzelsplatz (Václavské náměstí)

Vom Rossmarkt zum Prachtboulevard: am Wenzelsplatz zeigt sich Prag heute von seiner großstädtischsten Seite

  • Blick vom Wenzelsplatz auf das Nationalmuseum

Prag - Zu den interessantesten Sehenswürdigkeiten der Prager Neustadt zählt der Wenzelsplatz (Václavské náměstí). Wo sich heute Hotels, Cafés, Bars und Kaufhäuser in kunstvollen Jugendstilhäusern aneinanderreihen, spielten sich in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche wichtige Ereignisse der Prager, tschechoslowakischen und tschechischen Geschichte ab.

Seit über einem Jahrhundert bildet der Wenzelsplatz zudem die Haupteinkaufsmeile der tschechischen Metropole. Auch wenn sein Name auf einen Platz hinweist, eigentlich handelt es sich beim Zentrum der Neustadt eher um einen über 700 Meter langen Boulevard.

Von Prunk und Reichtum heutiger Tage war dem im Mittelalter gegründeten Platz zunächst nicht viel anzumerken. 1348 wurde der heutige Wenzelsplatz im Zuge der Gründung der Neustadt unter Karl IV. als Rossmarkt angelegt. Ein am Platz entlang fließender Bach diente dazu, die Pferde zu tränken und zu reinigen. Die riesigen Ausmaße des Platzes haben ihren Ursprung allerdings bereits in dieser Zeit. Denn um die gehandelten Pferde und ihren Gang angemessen präsentieren zu können, bedurfte es eines langen Platzes. Später diente der Platz dem Tuch-, Waffen- und Kornhandel.

Über dem ehemaligen Rossmarkt thront der Heilige Wenzel sinnigerweise zu Pferd

Seinen Namen erhielt der Wenzelsplatz erst im 1848, im Jahr der Revolution, benannt nach dem tschechischen Nationalheiligen, dem heiligen Wenzel von Böhmen. Auch die Umgestaltung des Rossmarktes erfolgte im 19. Jahrhundert. Stadtmauern wurden abgerissen, Bäume wurden gepflanzt - immer mehr glich der einstige Rossmarkt eher einem großzügigen Boulevard.

Mit dem Bau des Nationalmuseums 1890 gewann der Wenzelsplatz das wohl markanteste Gebäude hinzu, das das obere Ende des Platzes bildet. Nur wenige Meter unterhalb folgte 1912 auch das noch heute zu besichtigende Monument des Namensgebers.

Das vom tschechischen Künstler Josef V. Myslbek geschaffene Wenzelsdenkmal (Pomník svatého Václava) zählt heute gemeinsam mit dem Museum zu den Hauptsehenswürdigkeiten des Platzes und ist ein beliebter Treffpunkt: Prager verabreden sich etwas respektlos einfach "u koně" - beim Pferd.

Besonders in jüngeren Zeiten galt der Wenzelsplatz als eines der wichtigsten Versammlungszentren des Volkes. Im Herzen der Stadt und von gewaltigem Ausmaß - kein anderer Ort bot einen ähnlich großzügigen Rahmen für Demonstrationen, politische Kundgebungen und Versammlungen. Hier feierten die Prager 1918 die Gründung der Tschechoslowakei und hier versammelten sie sich auch fünfzig Jahre später wieder - dieses Mal jedoch, um im Prager Frühling gegen die einmarschierten Truppen des Warschauer Paktes zu demonstrieren.

Schauplatz der wechselvollen neueren tschechischen Geschichte

Die Folgen der Niederschlagung des Prager Frühlings hinterließen auch auf dem Wenzelsplatz ihre Spuren. Im Januar 1969 verbrannte sich hier der Prager Student Jan Palach, um nach der Niederschlagung des Prager Frühlings durch Truppen der Sowjetunion und des Warschauer Pakts gegen die sich in der Bevölkerung breitmachende Resignation und das Sich-Arrangieren mit den den neuen Verhältnissen ein Zeichen zu setzen.

Nahe der Treppe des Nationalmuseums übergoss sich der 20-jährige Palach am 16. Januar mit Benzin, entzündete ein Streichholz und rannte in Flammen stehend auf den Wenzelsplatz. Heute erinnert ein Metallkreuz vor dem Museum an die Stelle, an der Palach zusammenbrach. Auch ein Denkmal unterhalb des Wenzelsmonuments macht heute noch auf Jan Palach aufmerksam.

Auch 1989 wurde die Wenzelsstatue unterhalb des Nationalmuseums stummer Zeuge einer historischen Bewegung. Zahllose Menschen versammelten sich hier zu Demonstrationen und Kundgebungen gegen das kommunistische Regime. Unter anderem hielten hier Bürgerrechtler und Schriftsteller Václav Havel und Alexander Dubček ihre Ansprachen, um den Rücktritt der Parteiführung der Kommunistischen Partei zu fordern: die Samtene Revolution war nicht mehr zu stoppen.

Sprachen aller Welt lassen sich heute im Stimmengewirr der auf dem Wenzelsplatz entlang spazierenden Menschen ausmachen. Für viele Touristen bietet der Wenzelsplatz eine beliebte Anlaufstelle, nicht zuletzt durch seine vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten.

Gemeinsam mit den an der U-Bahnstation Můstek vom Platz abzweigenden Straßen Národní und Na Příkopě bildet der Wenzelsplatz das Goldene Kreuz, das zu den teuersten Gegenden Prags zählt. Das geschäftige Treiben in Cafés, Restaurants und Läden rund um den Platz lässt die historische Bedeutung des Platzes leicht vergessen. Und seit einigen Jahren machen sich immer mehr Rotlicht-Etablissements am Wenzelsplatz und den umliegenden Straßen breit, besonders Abends stehen alle paar Meter Schlepper auf dem Boulevard, um Kundschaft in die Erotikbetriebe zu locken.

Und dennoch: Aus der Geschichte Prags der vergangenen hundert Jahre ist der ehemalige Rossmarkt nicht wegzudenken und ein Spaziergang über den Boulevard gehört einfach zu jedem Prag-Besuch dazu. (kt/nk)

Autor: Kathrin Thomas
Zuletzt aktualisiert: 14.6.2016

Info

Wenzelspaltz (Václavské náměstí)

110 00
Praha 1
Region: Hauptstadt Prag (Hlavní město Praha)

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Die Region

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