Herr Newstimes (Thomas Hackner) neuestes Video hatte bereits nach wenigen Stunden mehr als 40.000 Aufrufe zu verzeichnen. Andere Videos aus seiner Medienschmiede kommen auf über 150.000 Zugriffe, während der Berliner Publikumsliebling Le Floid (Florian Diedrich) in einigen seiner Videos über 5 Millionen Klicks verzeichnen kann. Übertragen auf das Fernsehen, entspräche das Einschaltquoten, von denen so manche GEZ finanzierte, aber auch privat finanzierte Sendung nur träumen kann. Vor diesem Hintergrund vermeldete heute Herr Newstime, dass nach seinen Recherchen freie Medienvertreter in Deutschland von einer staatlichen Behörde unter Androhung eines Bußgeldes von 500 000 Euro (!) aufgefordert wurden, darzulegen, ob sie sie für die Vertretung ihrer politischen Ansicht von einer Partei oder einer anderen Stelle bezahlt worden seien.
In Deutschland herrscht Meinungsfreiheit, aber...
Was nach einem schlechten ZDF-Freitagabendfilm über Praktiken der ehemaligen Sowjetunion klingt, hat leider einen ernsten Hintergrund. In Deutschland herrscht Meinungsfreiheit. So steht es im oft vielfach und für andere Europäer zum Vorbild erhobenen Grundgesetz, das jüngst erst seinen 70. Geburtstag feierte. Soweit so gut, wenn da nicht das "aber" wäre. Man darf in Deutschland eine eigene Meinung haben, aber man sollte schon vorsichtig mit seinen Äußerungen sein, sobald sie die eigenen 4 Wände verlassen. Denn dann drohen Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen oder anderen Gesetzen zum Schutze der Allgemeinheit, z. B. bei Volksverhetzung. Das sind im Grunde alles sinnvolle Regularien. Schließlich möchte man das mediale Feld nicht wieder rechten Gruppierungen überlassen, wie dies in der Weimarer Republik geschehen ist, oder großen Wirtschaftskonzernen, die Schleichwerbung für ihre Produkte betreiben. Es sollte Transparenz herrschen.
... Vorsicht bei Äußerungen gegen die europäische Urheberrechtsreform?
Doch die freien Medienvertreter, denen dieser "Blaue Brief" ins Haus flatterte, gehörten weder einer rechten Partei noch einem großen Wirtschaftskonzern an noch wurden sie für die Verbreitung ihrer Ansicht nach unseren Recherchen von irgendwem bezahlt. Auffällig war, bei allen unter Bußgeldandrohung zur Stellungnahme gebetenen, dass sie sich gegen den vom CDU-Politiker Axel Voss in das EU-Parlament eingebrachten Vorschlag zur Urheberrechtsnovelle samt Art. 11 und 13 und den daraus resultierenden Upload-Filtern ausgesprochen haben. Gegen diese Upload-Filter, die eine Vorzensur von medialen Inhalten im Internet erst möglich machen, haben europaweit mehr als 5 Millionen Menschen eine Petition unterschrieben. Mehr als 200.000 Europäer (allein an einem Tag), darunter auch in mehreren Städten Tschechiens, haben ihren Protest friedlich auf der Straße ausgedrückt. Der demokratische Protest Europas war unüberhörbar. Doch Axel Voss´ Parteifreund Daniel Caspary (CDU) behauptete daraufhin, dass die Demonstranten gekauft worden seien. Nun flatterte ein entsprechender Brief von der Landesmedienanstalt den Youtube-Bloggern ins Haus, die bei einer Bußgeldandrohung von 500.000 Euro den einen oder anderen schon ins Schwitzen gebracht haben dürfte. Herr Newstime interpretierte in seinem heutigen Video diese massenweisen Briefsendungen als staatliche Einschüchterungsmaßnahme.
Zur Erinnerung: Wer in Deutschland Strafgelder oder auch Bußgelder oder Steuernachzahlungen nicht leisten kann, muss sie mit Gefängnis absitzen, so auch bei Bürgern in Deutschland, die entweder die Radio- und Fernsehgebühren (früher GEZ-Gebühr) nicht zahlen können oder wollen. (Die WELT: Rundfunkbeitrag verweigert – Alleinerziehende Mutter soll in Haft)
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Tschechen demonstrieren auch gegen Medienkonzentration und Monopolisierung
Nachdem also von Axel Voss der Gesetzesvorschlag zur Urheberrechtsreform in das EU-Parlament eingebraucht worden war, haben auch viele Tschechen gegen das Gesetzesvorhaben demonstriert. (Nebenbei sei an den FAZ-Artikel erinnert: Upload-Filter gegen russisches Gas) Schon lange ist den Böhmen und Mähren eine enorme Konzentration ihrer Presselandschaft aufgefallen, die sich in ihrem Premierminister Andrej Babiš manifestiert. Kurz gesagt: Der Ministerpräsident Tschechiens spielt seit Jahren Monopoly mit tschechischen Lebensmittelfirmen, Radio- und Fernsehsendern sowie den größten Zeitungen des Landes. Babiš konnte auch nur deswegen über das von ihm gegründete Unternehmen Agrofert so viele Zeitungen aufkaufen, weil sein Unternehmen bzw. die Subunternehmen (Die noch unabhängige Zeitung Denik N veröffentlichte ein komplettes Verzeichnis des Firmennetzwerkes.) von der EU mit massiven Subventionen unterstützt wurde. Dem Staatsmann werden nicht zuletzt deswegen Korruption und Betrug vorgeworfen. Seit mehreren Wochen demonstrieren tausende Tschechen immer wieder montags auf dem Altstädter Ring und fordern freie Presse und den Rücktritt des Ministerpräsidenten sowie weiterer Politiker.
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Upload-Filter begünstigen auch in Tschechien das aktuelle Pressemonopol
Während einerseits in Tschechien, aber auch in anderen europäischen Ländern, die Pressekonzentration massiv zugenommen hat und andererseits Amnesty International mehr und mehr EU-Staaten bezüglich der Pressefreiheit rügt, vermitteln die von Herrn Newstime berichteten Vorfälle das Bild von staatlich motivierter Zensur. Bleibt zu fragen, wofür die 14 Landesmedienanstalten in Deutschland zuständig sind. Auf ihrer zentralen Homepage geben die Medienanstalten dazu Folgendes an: "Kernaufgabe der Landesmedienanstalten ist die Regulierung: die Zulassung, Programmaufsicht und Vielfaltssicherung der privaten Rundfunkprogramme. Eine weitere Aufgabe ist die Förderung der Medienvielfalt und die Förderung neuer Übertragungswege." Mit einer Bußgeldandrohung von 500.000 Euro fördern die Medienanstalten wohl kaum die Medienvielfalt in Zeiten der massiven - auch in Deutschland - voranschreitenden Medienkonzentration. Bleibt zu hoffen, dass bis zur EU-weiten Einführung der Upload-Filter in ca. 2 Jahren noch ein Wunder geschieht.
Prag, 20.05.2019
Konstantin John Kowalewski
Update: Herr Newstime berichtet über einen weiteren Fall.