Prag - Die tschechische Regierung hat am Wochenende erhöhte Sicherheitsmaßnahmen angeordnet, weil nach Erkenntnissen der tschechischen Geheimdienste eine "akute Terrorgefahr" besteht.
Das Land sei "erstmals von der konkreten Gefahr einer terroristischen Tat bedroht", so Innenminister Ivan Langer.
Nach Angaben der Regierung werden die Maßnahmen mindestens für mehrere Tage aufrecht erhalten. "Es gibt konkrete Informationen und Details, nach denen sich die Bedrohung lokalisieren und identifizieren lässt", sagte Geheimdienst-Sprecher (BIS) Jan Šubert. Nach Informationen der Tageszeitung Lidové noviny (Prag) soll vor allem das "jüdische Prag" gefährdet sein. Zwar mochte dies der BIS nicht bestätigen, aber Oberbürgermeister Pavel Bém (ODS) sagte: "Es gibt so einen Verdacht, daher auch die Sicherheitsmaßnahmen. Ich will nicht, dass Kinder an solche Stellen gehen, wo diese Maßnahmen vorgenommen worden sind."
Die bewaffneten Sicherheitskräfte bewachen seit Samstag Flughafen, Hauptbahnhof, Metro und andere gefährdete Orte der tschechischen Hauptstadt, vor allem aber das jüdische Viertel. In der dortigen Maiselova-Straße sei die höchste Konzentration von Polizisten, so Lidové noviny. Informationen über einen möglichen Terroranschlag in Prag hatten die Geheimdienste bereits seit drei Wochen. Am Freitag war aber eine weitere - konkretere - Drohung aufgetaucht. Daher kam das Kabinett zu einer nächtlichen Sondersitzung zusammen.
"Die Sitzung hatten die Geheimdienste gefordert. Deren aktuelle Informationen haben uns gezwungen, Sondermaßnahmen zu ergreifen", so Ministerpräsident Mirek Topolánek (ODS). Auch der Präsident sei umgehend informiert worden.
Paroubek: Ablenkungsmanöver vom "Abhörskandal"?
ČSSD-Chef Jiří Paroubek zeigte sich in einer ersten Stellungnahme am Samstag verwundert darüber, dass eine Sondersitzung des Kabinetts einberufen worden war, obwohl die Informationen über einen möglichen Terroranschlag bereits seit längerem vorgelegen haben. Paroubek äußerte den Verdacht, die Regierung Topolánek habe möglicherweise von dem "Abhörskandal" ablenken wollen.
Am Sonntag räumte Paroubek allerdings ein, dass er die Sicherheitsmaßnahmen unterstütze. "Möglicherweise sind ja Ende der Woche tatsächlich neue Informationen aufgetaucht, über die ich nicht unbedingt informiert sein muss", so der Ex-Premier.
Das deutschen Auswärtige Amt hat für die Tschechische Republik heute folgenden länderspezifischen Sicherheitshinweis auf seiner Website veröffentlicht:
"Die Prager Sicherheitsbehörden haben am 23.09.2006 ein befristetes erhöhtes Sicherheitsrisiko terroristischer Anschläge bekanntgegeben. Im Innenstadtbereich sind bewaffnete Polizisten präsent und es finden verstärkt Kontrollen statt. Es bestehen jedoch keinerlei konkrete Hinweise auf bevorstehende Anschläge. Die tschechischen Behörden selber halten eine Einschränkung von Veranstaltungen nicht für erforderlich. Es gibt keinerlei Zugangsbeschränkungen für touristische Einrichtungen." (nk/gp)