Prag - Tschechiens Präsident Václav Klaus hat heute Vormittag die neue Koalitionsregierung von ODS-Chef Mirek Topolánek ernannt.
Seine Vorbehalte gegenüber ihrer personellen Zusammensetzung und die Tatsache, dass die Koalitionsfraktionen in der Abgeordnetenkammer über keine eigene Mehrheit verfügen, bestehen dabei weiter.
Die Minister erhielten vom Präsidenten ihre Ernennungsurkunden, Klaus selbst hielt eine kurze Ansprache. "Unser Land hat nach fast einem Jahr Nichtregieren eine Regierung mit einem vollwertigen Mandat sicher verdient“, mahnte Klaus.
Der Präsident erinnerte auch daran, dass es das erste Mal in der Geschichte der Tschechischen Republik, dass eine Regierung so kurz danach ernannt werde, dass ihr Vorgängerkabinett nicht das Vertrauen des Abgeordnetenhauses erhalten habe.
Die feierliche Zeremonie auf der Burg fand zu einem Zeitpunkt statt, in dem die Spannung zwischen den beiden konservativen Politikern, Mirek Topolánek und Václav Klaus, so groß ist wie noch nie. Zwar gab Klaus gestern seinen Widerstand gegen die Dreierkoalition auf, er betonte aber gleichzeitig seine Vorbehalte gegenüber der neuen Regierung.
Klaus kritisiert Beteiligung der Grünen an der Regierung
In einem Interview für das Magazin Týden kritisierte er, dass das Bündnis über keine Mehrheit im Abgeordnetenhaus verfüge und somit auf einen Überläufer aus dem linken Lager hoffen müsse. Eine solche Überläufer-Stimme könne er als einen „Fall von politischer Korruption“ auffassen, so Klaus. Zudem äußerte sich Klaus kritisch gegenüber dem Bündnis zwischen ODS und Grünen: "Die Freundschaft von Herrn Topolánek und Herrn Bursík ähnelt in gewisser Weise dem, was Herr Cameron innerhalb seiner konservativen Partei macht. Ich halte dies für sehr unglücklich."
Topolánek hatte bislang nie auf die Vorwürfe von Klaus reagiert. Gestern aber brach er sein Schweigen: Er lehne politische Korruption kategorisch ab, betonte er. Mit Abgeordneten der ČSSD werde er noch nicht einmal in Hinterzimmern über eine mögliche Tolerierung verhandeln. Die Worte des Präsidenten bedauere er sehr, so Topolánek.
Topolánek hat nun maximal 30 Tage Zeit, sich um das Vertrauen der Abgeordneten zu bemühen, dann muss er sich spätestens mit seiner Regierung der Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus stellen. Der ODS-Chef kündigte unterdessen an, dass das Bemühen um Unterstützung für seine Regierung für die Öffentlichkeit maximal transparent verlaufen werde. (gp/nk)
Das zweite Kabinett von Mirek Topolánek
Premier
Mirek Topolánek (ODS)
Vizepremiers
Petr Nečas (ODS)
Jiří Čunek (KDU-ČSL)
Martin Bursík (Grüne)
für Europa
Alexandr Vondra (ODS)
Minister
Arbeit und Soziales
Petr Nečas (ODS)
Regionalentwicklung
Jiří Čunek (KDU-ČSL)
Verkehr
Aleš Řebíček (ODS)
Gesundheit
Tomáš Julínek (ODS)
Inneres und Informatik
Ivan Langer (ODS)
Finanzen
Miroslav Kalousek (KDU-ČSL)
Justiz
Jiří Pospíšil (ODS)
Landwirtschaft
Petr Gandalovič (ODS)
Verteidigung
Vlasta Parkanová (KDU-ČSL)
Schule
Dana Kuchtová (Grüne)
Umwelt
Martin Bursík (Grüne)
Kultur
Helena Třeštíková (parteilos, nominiert von KDU-ČSL)
Auswärtiges
Karel Schwarzenberg (ODA, nominiert von den Grünen)
Industrie- und Handel
Martin Říman (ODS)
Ohne Geschäftsbereich
Džamila Stehlíková (Grüne)