Prag - ČSSD-Chef Jiří Paroubek hat erneut einen Vorstoß in Sachen Regierungsbildung gestartet.
Er bot der ODS gestern an, ein von ihr geführtes Kabinett - möglicherweise in einem Bündnis mit der KDU-ČSL - zu unterstützen.
Bedingung dafür sei, dass vor der Vertrauensabstimmung der Vorsitzende der Abgeordnetenkammer Miloslav Vlček (ČSSD) im Amt bestätigt werde. Dafür sei seine Partei bereit, den möglichen dritten Auftrag zur Regierungsbildung der ODS zu überlassen, berichtet heute der Online-Dienst der Tageszeitung Lidové noviny (Prag).
Die ČSSD schlägt vor, dass im Falle eines Scheiterns der angestrebten, von der Dreierkoalition getragenen Regierung erneut die ODS mit der Regierungsbildung beauftragt wird. Noch bevor das Abgeordnetenhaus allerdings über das Vertrauen des zweiten Kabinetts von Mirek Topolánek abstimmt, soll dem Plan zufolge der Sozialdemokrat Miloslav Vlček erneut zum Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses gewählt werden. Ein Regierungsbündnis könnte dann von ODS, ČSSD und KDU-ČSL geschmiedet werden.
Die ČSSD ist im Falle einer Ablehnung dieses Vorschlags nach Paroubeks Aussage darauf vorbereitet, selbst eine Minderheitsregierung zu bilden und sich der Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus zu stellen.
Erst kürzlich hatte sich Prags Oberbürgermeister Pavel Bém (ODS) für eine Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten auf Regierungsebene ausgesprochen. Bém gilt als möglicher ODS-Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten, sollten die Bürgerlichen Demokraten ihren bisherigen Parteichef Topolánek fallen lassen.
Klaus: Sicherung gegen Verfassungskrise
Paroubek betonte gestern unterdessen erneut, dass Topoláneks Dreierkoalition aus ODS, KDU-ČSL und Grünen nicht mit der Unterstützung der ČSSD rechnen könne - auch nicht mit der der beiden angeblichen Überläufer. Er gehe daher davon aus, dass Topoláneks zweiter Versuch, eine Regierungsmehrheit zu erhalten, scheitern werde, so Paroubek.
Staatspräsident Václav Klaus hat unterdessen den Vorschlag der ČSSD begrüßt. Das teilte ČSSD-Chef Paroubek heute nach einem Treffen mit Klaus auf der Burg mit (Foto). Klaus habe begrüßt, dass der Vorsitzende der Abgeordnetenkammer noch vor der Vertrauensabstimmung neu gewählt werden solle. Es handele sich dabei um eine Sicherung gegen eine Verfassungskrise, so auch der Sprecher des Präsidenten Petr Hájek.
Der Sozialdemokrat Miloslav Vlček war Mitte August zum Parlamentspräsidenten gewählt worden. Allerdings musste er sich vor der Wahl nach einer Absprache der Parteien öffentlich verpflichten, dass er zurücktreten wird, bevor er in die Lage käme, einen Politiker mit der Regierungsbildung zu beauftragen.
Gemäß der tschechischen Verfassung unternimmt der Staatspräsident zwei Versuche zur Beauftragung der Regierungsbildung. Scheitern diese, fällt dieses Recht dem Unterhauschef zu. Nach einem dritten erfolglosen Anlauf kommt es automatisch zu Neuwahlen. (nk/gp)