Gott sei dank fand sich dann meine Zimmernachbarin nach kurzer Zeit wieder ein und der Weg ins Zimmer war frei. Angestachelt von den Einkäufen meines Roommate und meinem Magen, der aufgrund des ausgefallenen Frühstücks schon heftig vor sich hin knurrte, entschloss ich mich dann ein bisschen socialising zu machen und mit den Amerikanern von meiner Wohneinheit die Stadt sowie deren Restaurants und die Supermärkte zu erkunden. So sah ich also zum ersten Mal Olomouc. Ein ganz nettes Städtchen. Sehr beschaulich und trotz der Tatsache, dass es die fünftgrößte Stadt Tschechiens ist, doch eher klein. Also ich habe zwar nur den Kern und ein bisschen drum herum gesehen, aber das kann man in ca. einer viertel Stunde abgehen.
Wir flanierten dann also etwas in der Sommersonne um den Marktplatz, bestaunten die Astronomische Uhr, schlenderten um den Arion-Brunnen, dessen Statue des antiken Dichters und Sängers Arion von seiner Leidenschaft zu Delphinen zeugt, umrundeten den Horní náměstí und ließen uns von Einheimischen dabei fotografieren. Nach ca. hundertmal „oh my god is this pretty“, was ich in diesen vier Wochen noch unzählige Male hören sollte, stillten wir schließlich unseren Hunger. Standesgemäß gab es Gulas.
Gegen Abend wiederholte ich dann den Rundgang beim offiziellen Welcomespaziergang. Laut Infomaterial sollte uns dieser Rundgang alles Wichtige und wissenswerte über Olomouc nahebringen. Letztlich waren es 20 Minuten, in denen wir erfuhren „There is a good bar, there’s an internet café and over there is a pool!“. Sehr informativ. Auf diesem Spaziergang war es dann auch, wo ich mir den Hass meiner polnischen Mitbewohnerinnen einhandelte. Es trug sich nämlich zu, dass in dieser Gassigehrunde ein, zugegebenermaßen ganz schnuckeliger, Amerikaner auftauchte. Dieser sprach kurz mit mir und gesellte sich dann zu der besagten Dame. An der hochroten Gesichtsfärbung und ihrem nervösen Lachen konnte man deutlich ablesen, dass ihr dieser Junge doch sehr gefiel. Doch leider schien die Kommunikation nicht so zu funktionieren, denn kurze Zeit später fand ich ihn unter meinem Regenschirm wieder. Gut, deshalb hätte ich ja nun noch nicht als die Hure von Babylon gelten müssen, doch als er sich auch beim anschließenden Welcomedinner neben mich setzte und dann den Rest des Abends mit mir und Alison, der Amibraut, im Garten verbrachte, konnte ich verstehen, dass Justina doch etwas verärgert war. Zumal sie uns in den Garten gefolgt war und auch hier versuchte, durch „unbemerkte“ Annäherung und einem „Oh you are also here!“ auf sich aufmerksam zu machen.
Ja und kaum war ich dann vom Dinner zurück im Kolej, da war dann auch schon der erste Kurstag gekommen. Nervös wanderte ich den mir ewig erscheinenden 20-minütigen Weg zur Uni und stellte beglückt fest, dass ich es in den Fortgeschrittenkurs geschafft hatte. Als sich dann auch noch der Deutsche, den ich am Vorabend kennengelernt hatte, noch dort einfand war ich schon richtig happy. Allerdings nur für kurze Zeit, wie sich herausstellen sollte. Die Lehrerin kam von der Musikhochschule, wie sie uns in der Vorstellungsrunde erzählte. Sie machte einen eher trägen, unmotivierten, aber gleichzeitig sehr strengen und peniblen Eindruck. Nach der Vorstellung mussten wir dann eine Stunde unregelmäßige Verben konjugieren, dann einen Text lesen, bei dem sie jeden Teilnehmer die Passage so lange wiederholen ließ, bis sie mit der Aussprache zufrieden war. Ich musste ca. zehn Minuten ein und denselben Satz wieder und wieder lesen. Als ich dann schon fast vor Peinlichkeit gestorben war, ließ sie endlich von mir ab. Dafür sollten wir nun singen. Oh mein Gott, wo war ich da nur gelandet? Nicht nur, dass der komplette Unterricht auf Tschechisch ablief. Zu allem Überfluss sollten wir nun auch noch singen. Und das sollte ich zwei Wochen mitmachen? No way. Am Nachmittag dachte ich dann angestrengt darüber nach, wie ich aus diesem Kurs rauskommen könnte, schließlich konnte ich der Lehrerin ja kaum sagen: „Ich mag sie nicht!“ Doch kaum hatte ich mich dann dazu durchgerungen, ihr am nächsten Tag noch ein Chance zu geben, als sie fragte, wer denn eventuell den Kurs wechseln wolle. „Jetzt oder nie“, dachte ich mir und meldete mich. Ja da war dann nur noch die Frage ob ich nach oben oder unten gestuft werden wollte. Da brabbelte ich dann ganz schnell was von wegen Freundin im anderen Kurs. Leider wusste ich noch nicht mal den Namen der Lehrerin in deren Kurs diese Freundin war. Gott sei dank hat sich die Sache dann schnell geklärt, und zehn Minuten später saß ich dann in einem anderen Kurs. Wie sich herausstellte, waren hier nicht nur meine Mitschüler sehr nett, sondern auch die Lehrerin. Leider musste ich aber nach einer Woche dann feststellen, dass dieser Kurs zwar formal auf demselben Level wie der andere sein sollte, doch dem war nicht so. Wie sich nämlich herausstellte, hatten die Leute in diesem Kurs zum größten Teil noch nicht mal eine Ahnung von den Fällen im Singular, vom Plural ganz zu schweigen. Doch dann war es auch zu spät, den Kurs noch mal zu wechseln. So begnügte ich mich die ersten zwei Wochen damit, mir selber neue Grammatik beizubringen, und als wir dann in Woche drei eine neue Lehrerin bekamen und sie vom Niveau des Kurses doch leicht geschockt war, bot sie uns Extragrammatikblätter zum Selbermachen an. Diese Chance nahm ich dann wahr. Ob es was gebracht hat, werde ich am 1. Oktober sehen, an dem ich den Einstufungstest an der Uni schreibe…