Eigentlich mag ich Kino nicht. Irgendwie wird mir immer klaustrophobisch zumute, wenn ich da so eingequetscht zwischen all den Menschen sitze und dann geht das Licht aus und ich bin für Stunden gefangen. Aber Ängste sind ja dazu da, überwunden zu werden und was wäre dazu besser geeignet, als ein Filmfestival, bei dem man im Besitz einer Akkreditierung ist?
Ich glaub, ich war die einzige der Praktikanten, die nicht begeistert war, als es vorletzten Mittwoch bei der Redaktionssitzung hieß: „ Holt euch doch bitte heute die Akkreditierung für das Eurofilmfest im Světozor ab. Und ja, das geht nur heute!“. Gerade dachte ich schon, dass ich da fein raus bin, habe ich doch da ganz lange Uni. Doch Pustekuchen, eine Mitpraktikantin war so lieb und brachte mir die Akkreditierung mit. Naja, dann mal einen Blick ins Programm werfen. Das klang ja echt viel versprechend.
Hm, also eigentlich ist Kino ja auch nichts anderes als Theater oder Oper. Ich meine, da sitze ich ja auch im Dunklen zwischen ganz vielen Menschen und das über längere Zeit. Und das macht mir ja auch keine Probleme. Also ist es ja völlig albern, dass ich nicht ins Kino gehen mag. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf machte ich mich dann am ersten Tag zusammen mit einer Freundin auf ins Lucerna, um mir den viel gerühmten deutschen Film „Das weiße Band“ anzusehen. Nachdem ich dann freudig meine Freikarte entgegengenommen habe und meine Freundin ihre für sagenhaft günstige 90 Kronen erstanden hat, machten wir uns auf, das Kino zu finden. Wer schon mal im Lucerna war, der weiß ja, dass das gute Stück doch etwas versteckt ist. Vorbei an Černýs Reiter, die Marmortreppe hinauf, durch den Vorhang hindurch, einmal quer durch das Cafe und dann mussten wir an der Treppe warten, da der Saal noch nicht hergerichtet war oder so. Kurz bevor der Film dann anfangen sollte, kam endlich ein Herr und ließ uns in den Saal. Da nicht wirklich viele Menschen in dem Film waren, waren wir mal so dreist und setzten uns anstelle der zugewiesenen Plätze im hinteren Bereich in die Mitte an den Rand. Nur für den Fall, dass ich dann doch Panik bekommen würde.
Während des Vorspannes bewunderte ich den wunderschönen Saal der in einer Stilmischung aus Renaissance und Jugendstil gehalten ist. Auf der Karte entdeckte ich, dass das Kino bereits über 101 Jahre alt ist. Dafür sind die Sitze aber echt bequem, witzelte meine Freundin.
Endlich fing der Film an. Schwarz-weiß auf Deutsch mit tschechischen Untertiteln. Eigentlich ja ein ganz netter Film, nur irgendwie wurden wir daraus nicht so ganz schlau. Zumal er ja dann doch total abrupt endet. Dass der eine goldene Palme bekommen hat, finde ich fragwürdig. Ich persönlich fand ihn extrem divny und zu gewalttätig.
Da ich nun so völlig verschont geblieben war von Panik, machte ich mich zuhause gleich an einen ausgefeilten Plan, welche der Filme ich wann anschauen wollte. Zwei Tage später ging es dann in den ungarischen Film „Chameleon“. Super Film und das nicht nur weil ich die ungarische Sprache einfach so liebe und der Film mich an meinen letzten Ungarnaufenthalt erinnerte. Leider war meine Begleitung nicht ganz derselben Meinung. Da die auf der Homepage so groß angekündigten englischen Untertitel fehlten und er kein Wort tschechisch spricht, war es für ihn dann doch eher mühsam, der Handlung zu folgen. Doch trotz meines Vorschlags raus zu gehen, wollte er bleiben. Ich glaube, am besten fand er, dass mitten im Film erst der Ton ausfiel, dann der Film komplett, die Untertitel aber weiterliefen. Ja, willkommen im wilden Osten!
Eigentlich stand nun für jeden Tag mindestens ein Film auf meinen typisch deutschen Plan, wie mich meine Begleitung verarschte. Tja, aber wie das immer so ist, wenn man eifrig dabei ist etwas zu planen, kommt einem das Leben dazuwischen, sodass ich leider erst wieder am vorletzten Tag des Festes ins Kino kam. Diesmal ging’s ins Svĕtozor in „Sometime in August“. Das war dann ein eher weniger guter Abschluss, wie ich fand. Der Film hat für mich einfach überhaupt keinen Sinn, und noch dazu fand ich einen der Hauptdarsteller einfach unglaublich nervtötend und er rannte, obwohl nackt nicht wirklich gut aussehend, die ganze Zeit im Adamskostüm durch den Film. Und auch das Kino ist im Vergleich zu Lucerna nicht so cool: die Sitze kleiner und unbequemer, der Saal weniger groß und nicht so schön. Außerdem war das Kino diesmal proppenvoll und wir konnten uns gerade noch so einen Platz ergattern, da es hier überhaupt keine Platzzuweisung gibt.
Insgesamt aber fand ich das Fest eine tolle Sache, auch wenn ich leider aus Zeitgründen nur drei der ca. 15 interessanten Film ansehen konnte. Und eh, nun bin ich kein Kinophobiker mehr. Schade nur, dass ich nächstes Jahr um diese Zeit nicht in Prag sein werde!