Eigentlich war es ein ganz normaler Dienstagmorgen, bis ich die E-Mail gelesen habe. „Du kannst heute Abend zu Sepultura ins Modrá Vopice. Du stehst auf der guest list. “Oh my goddess, wie geil ist das denn!“, zumal ich überhaupt nicht mehr damit gerechnet hatte, dass das noch klappen würde. Gleich machte ich erst mal Sepultura an und headbangte eine Runde. Doch dann schoss es mir durch den Kopf: „Was soll ich nur anziehen? Ich muss die Kameraakkus aufladen! Wann geht es überhaupt los? Nochmal schauen, wie ich zur Location, dem Modrá Vopice, einem geilen Klub in Vysočany, komme.“ Gott sei Dank war ich letzte Woche auf einem Konzert von Stillknox schon mal da. Doch sicher ist sicher. „Und checken, wie ich wieder nach Hause komme mitten in der Nacht.“ Dann fiel mir auch noch auf: „Ich werd ja da ganz allein hingehen! Denn keiner meiner Freunde wollte mit. Oh my Goddess.“
Erst mal meine beste Freundin in Prag angerufen und sie zur Modenschau zu mir bestellt. Während sie gemütlich Kaffe trank, schlüpfte ich von einem Outfit ins nächste. Doch so recht war ich mit nichts zufrieden. Es sollte cool sein, aber gleichzeitig heiß und bequem. Schließlich würde ich Stunden darin verbringen, da neben den brasilianischen Metal-Göttern auch noch vier andere Bands spielen würden. Finally entschied ich mich für einen schwarzen Mini, ein schwarzes, tief ausgeschnittenes Shirt, drüber Pulli und die obligatorische Lederjacke, dazu Chucks. Ok, und was hieß noch mal Gästeliste auf Tschechisch? Seznam hostů? Stojí na seznamu hostů? Egal, ich war eh schon viel zu spät dran und irgendwie würde ich das schon geregelt bekommen. Nun ab zur Tram. Als ich ca. 30 Minuten später dann am nádraži Libeň ausstieg, sah ich sie schon, die ersten Metaler und je näher ich dem Modrá Vopice kam, desto dunkeler wurden die Gestalten. Kaum war ich dann im Areal, seznamu hostů sei Dank, fühlte ich mich gleich heimisch. Überall langhaarige Typen mit Bandshirts und Tattoos am ganzen Körper. Sehr zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass das ganze ein Open-Air-Gig werden würde. Sehr geile Sache an sich, nur ich im Rock? Doof! Aber na ja dachte ich mir, wirst dich in der Menge schon warm kuscheln. Erst mal besorgte ich mir für sagenhaft günstige 25 Kronen ein Bier und schaute mich um. Den Menschenansammlungen zu entnehmen, schien es neben der Mainstage auch noch eine zweite Bühne zu geben, nämlich im Modrá Vopice drin, dessen eine Seite offen zum Konzertgelände lag. Dort fand auch schon der erste Soundcheck statt. Neugierig schob ich mich nach vorne, um bei dieser Gelegenheit gleich mal in einen Roadie von Sepultura zu knallen. Wie sich herausstellen sollte, würde dies nicht das einzige Mal sein, dass ich an diesem Abend in jemand hineinrannte.
Nun kamen vier ziemliche junge Typen auf die Bühne und wie sich herausstellet, war das auch schon die erste Band: Armed for Apocalipse (AFA), eine Heavy-Metal-Truppe aus Californien. Absolute geile Band. Vor allem der Drummer ist der Wahnsinn. Gute zwei Meter groß, Muskeln überall, rückenlange Dreats. Er spielte barfuss und headbeangte parallel dazu wie ein wild gewordener Stier. Der Sänger schrie sich die Kehle aus dem Leib und betrieb mit Bassist und Guitarist synchronheadbangen. Ziemlich geile Show.
Im Anschluss kamen die Madrider von Hamlet auf die kleine Bühne. Nicht schlecht, wenn auch etwas weniger energiegeladen und durchdringend als AFA. Der Sänger sprang auf der Bühne rum wie ein Rehkitz, ständig versucht, sowohl das Publikum im Modrá Vopice anzusprechen, als auch die Massen auf dem Open-Air-Gelände. Gelang ihm ja nicht so wirklich. Ich möchte nicht sagen, dass die außenstehende Masse die Nu-Metal-Band boykottierte, aber echt Begeisterung war das nicht. Sehr geil war allerdings, als der Sänger von AFA mal so eben mit auf die Bühne sprang und einfach mitsang – Textsicherheit ist im Metal ja nicht so wichtig, meist versteh man eh kaum was von dem Gegröle.
Nun gabs für mich erst mal wieder ein Timedelay zu überwinden, da die nächste Band nun auf der Mainstage spielen sollte und der „Umzug“ etwas Zeit in Anspruch nahm. Eine gute Gelegenheit mal zu erkunden, wo es denn hier Toiletten gab. Zwar standen draußen Dixiklos, doch da wollte ich partout nicht drauf. Und ich hatte auch noch kein anderes Mädchen diese Dinger benützen sehen. Nach längerem, logischem Denken fiel mir dann ein, dass ich ja einfach auf die Toiletten im Modrá Vopice gehen könnte! Haha, ich bin so schlau!
Danach gönnte ich mir ein weiteres Bier, stand etwas doof in der Menge rum und beschloss dann, als gute Reporterin sollte ich mir nun einen Platz vor der Bühne sichern. Also zog ich los. Wie sich herausstellt, war das auch noch nicht so schwer, da Crowbar, eine Doom-Metal- bzw. Sludge-Band aus Louisiana noch nicht die Massen anlockte. So stand ich in der ersten Reihe, knipste so vor mich hin und nuckelte an meinem Bier. Auf einmal tauchte der Bassist von AFA neben mir auf. Cool, dachte ich mir, die hören sich die anderen Konzerte an und mischen sich unter die Fans. Wir prosteten uns kurz zu und als dann mein Bier alle war, fragte er, ob ich noch eins wolle. „Sure, why not!“ Doch anstelle mit mir zum Verkaufsstand zu kommen, lotste mich Corey in den Backstagebereich! Unnötig zu sagen, dass ich vor Begeisterung innerlich gaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanz laut am Schreien war, als ich feststellt, dass hier auch Sepultura rumhingen. Natürlich könnte ich nun haarklein beschreiben, wie und was dort so vor sich ging. Aber um eine epische Länge meines Blogs zu vermeiden, kürze ich die Sache an dieser Stelle ab. Wer wissen will, wie es Backstage zugeht, der schaue sich „Almost Famous“ an, das kommt der Sache schon ziemlich nahe.
Die Jungs von Sepultura sind echt total cool, lässig und nett. Am Ende hab ich sogar ein Plek als Erinnerung an den Abend bekommen. Überhaupt waren alle Musiker, die ich hier kennen gelernt hab, richtig cool. Bis auf Hamlet, die wollten mich keine Zigarette schnorren lassen. Den Rest des Abends pendelte ich nun zwischen Mainstage und – Backstagebereich, immer in Begleitung von Corey, da er es leider nicht geschafft hatte, mir einen eigenen Backstageausweis zu verschaffen! Nach Pro Pain, die auch eine echt geile Show geliefert haben, kamen dann endlich um dreiviertel zehn Sepultura auf die Bühne. Das wäre natürlich ohnehin der krönende Abschluss des Tages gewesen, war aber, da ich mit den Jungs wenige Minuten zuvor noch gesprochen hatte, noch um ein Vielfaches geiler. Die Show war der Hammer! An dieser Stelle will ich auch sagen, auch wenn ich keinen Vergleich habe, da ich Sepultura vor der personellen Veränderung nie live gesehen habe, so finde ich doch, dass Green einen verdammt guten Job macht.
Ansonsten bleibt mir nur zu sagen, dass dies definitiv der allerallerbeste Tag in meinem Leben war!