Das Klinger-Mausoleum, ein Wahrzeichen des ursprünglich deutschen Neustädter Friedhofs, befindet sich etwa zwei Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernt. Nach der Vertreibung der Deutschen verfiel das Gebäude und befand sich in einem so desolaten Zustand, daß 1987 sogar der Abriss erwogen wurde. Dank einer grundlegenden Restaurierung konnte das Mausoleum jedoch gerettet werden.
In den Jahren 1995 bis 2000 wurde mit finanzieller Beteiligung des Kulturministeriums, des Kreisamtes in Reichenberg und der Gemeinde Neustadt an der Tafelfichte eine umfassende Sanierung durchgeführt. Es handelt sich um einen Renaissance-Bau, den die Familie Klinger 1901 als ihre Familiengrabstätte errichten ließ.
In dem Mausoleum befinden sich insgesamt zwölf Särge von Familienangehörigen. Nach neuesten Informationen sind die Särge leer. Die Überreste der Verstorbenen wurden angeblich schon vor längerer Zeit nach Deutschland gebracht. Das gepflegte und beeindruckende Bauwerk steht seit dem 11. Oktober 1993 unter Denkmalschutz und kann nach Anmeldung – Telefon (00420) 482360334 – jederzeit besichtigt werden.
Die Gruft der Familie Josef Krause
Eine sehr enge Bindung zu der Familie Klinger hatte auch der Ingenieur und Fabrikdirektor der Firma Ignaz Klinger, Josef Krause. Er wurde in Wünschendorf, wo sein Vater eine Faktorei besaß, am 12.Januar 1839 geboren. Er besuchte die Realschule in Reichenberg und widmete sich anschließend dem Studium an der Technischen Hochschule Prag. Danach war er kurze Zeit Supplent - Hilfs- oder Vertretungslehrer – an der deutschen Nikolander-Realschule in Prag. Im Jahr 1864 leistete er dem ehrenvollen Ruf der Hafenbaudirektion im italienischen Triest Folge. Volle 20 Jahre stand er in deren Dienst und erwarb sich durch seine außerordentliche Befähigung und Tatkraft in der Leitung eine maßgebende Stelle, die er bis zur Vollendung der Hafenbauten 1884 innehatte.
Seine Verdienste um dieses große Bauwerk wurden sowohl von der Generaldirektion der leitenden Südbahngesellschaft als auch vom Staat anerkannt. Dieser zeichnete Josef Krause mit dem goldenen Verdienstkreuz mit der Krone aus. Am 25. Januar 1872 heiratete er die Tochter des Neustädter Fabrikbesitzers Ignaz Klinger, Wilhelmina, mit der er eine äußerst glückliche Ehe führte. Aus dieser Ehe stammen zwei Söhne und zwei Töchter. Nachdem seine Tätigkeit in Triest beendet war, folgte er dem Ruf seiner Schwäger Oskar und Ottomar von Klinger und wurde Leiter des technischen Betriebes der Firma Ignaz Klinger in Neustadt an der Tafelfichte.
Hier erwarb er sich dank rastloser Tätigkeit, Gewissenhaftigkeit und steter Pflichterfüllung nicht nur das Vertrauen seiner Vorgesetzten, sondern auch seiner Mitarbeiter. Unter seiner Leitung entstanden nicht nur die großen Bauten dieser Firma in Neustadt, sondern auch der Bau der Kammgarnspinnerei in Jungbunzlau, der Kratzauer und Niemeser Fabriken wurde unter seiner Leitung ausgeführt. Außerdem war er für die Führung der Neustädter Betriebskrankenkasse zuständig.
Seine strenge Gerechtigkeitsliebe und das Wohlwollen gegenüber jedermann verschafften ihm auch in Stadt und Bezirk ein immer größeres Ansehen. Seine Berufung in die Stadt- und Bezirksvertretung, in den Orts- und Bezirksschulrat zeugen von seiner Beliebtheit. Die Bezirkssparkasse von Raspenau wählte ihn zu ihrem Direktor, der Schützenverein zu seinem Obmann, die Gemeindevertretung von Hegewald zu ihrem Ehrenbürger und der Veteranenverein zu seinem Ehrenmitglied. Werktätig unterstützte er jede Bestrebung des deutschen Turnvereins und des Werkmeistervereins. Am 29. Juni 1885 wurde er zum Ehrenbürger von Neustadt ernannt.
Den älteren Bürgern von Neustadt ist sicherlich der Name „Klinger-Kraus-Haus“ nicht unbekannt. Dieses Wohngebäude wurde von Josef Krause auf dem Marktplatz und der Klingerstraße errichtet. Darin war auch die Volksbibliothek von Anna Klinger untergebracht. Josef Krause starb am Donnerstag, 23. Februar 1905 um 19.30 Uhr im 67. Lebensjahr. Die große Gruft der Familie Krause befindet sich auf dem Friedhof in Neustadt in der linken Ecke direkt unter der Mauer, die das Mausoleum der Familie Klinger vom Friedhof trennt. Oben lesen wir „Familie Josef Krause“. Bei der Renovierung der Friedhofsmauer wurde überlegt, ob diese historische Gruft aus poliertem, dunklem Diorit (einem Tiefengestein) entfernt werden solle. Glücklicherweise ließen die Bürger der Stadt dies nicht zu. Josef Krauses Nachruf auf der Gruft endet mit den Worten „Er starb leider zu früh. Ehre seinem Andenken.“