In Haindorf ist die Renovierung des oberen Teils des größeren der beiden hinteren Türmchen der barocken Wallfahrtsbasilika Mariä Heimsuchung beendet.
Vor einem Jahr im November beschädigte ein Gewitter das rund 40 Kilogramm schwere Banner auf der Kirchenkuppel so stark, dass es abbrach. Später stellte sich heraus, dass Feuchtigkeit und Holzwürmer auch die Balken des Tragwerks zerstört hatten. Daher wurde der morsche Dachstuhl ausgebessert, und von außen wurde eine neue Kupferdeckung verlegt, bei der man in der Regel mit einer Haltbarkeit von bis zu 100 Jahren rechnen kann. Außerdem bekam die Kuppel einen Blitzableiter.
In die anspruchsvolle Sanierung wurden mehr als 2,6 Millionen Kronen investiert. Der Kreis Reichenberg steuerte eine Million bei, die Stadt Haindorf 349 000. Der fehlende Betrag kam durch Spenden zusammen. Ende Juli erfolgte die Demontage. Danach begann der Bau der neuen Konstruktion an der Kuppel der Wallfahrtskirche, dem Wahrzeichen der 2721 Einwohner zählenden Kleinstadt.
Nach fast drei Monaten wurden die Sanierungsarbeiten am Kirchturm abgeschlossen, und Mitte Oktober weihte Pfarrer Pavel Andrš den neuen markanten Kirchturm mit der renovierten Laternenkuppel und dem neuen Banner über der Laterne feierlich ein. Bei dem Festakt dankte er allen, die sich finanziell an der Aktion beteiligt hatten. Die Weihe sei eine symbolische Übergabe der fertigen Arbeit, sagte Andrš.
Mit dem Abbau des Gerüstes auf dem etwa 30 Meter hohen Kirchturm war Mitte Oktober begonnen worden. Die Wallfahrtskirche am Fuße des Nußsteins steht an der Stelle einer alten Pilgerstätte aus dem 12. Jahrhundert. Ihre heutige Form erhielt sie im 17. und 18. Jahrhundert. Die Barockkirche entstand in den Jahren 1722 bis 1729 an der Stelle einer Kapelle aus dem 14. Jahrhundert. Ihr Verwalter und Eigentümer ist das Bistum Leitmeritz.
Zwischen 1692 und 1696 wurde bei der Kirche ein vierflügeliges Kloster gebaut, das später den Franziskanern übergeben wurde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Kirche dank des Grafen Clam-Gallas renoviert, und die traditionellen Pilgerfahrten wurden wieder eingeführt. Nachdem die Kommunisten im Februar 1948 an die Macht gekommen waren, veränderte sich vieles.
Sie versuchten, alle wichtigen Bereiche der Gesellschaft zu kontrollieren. Die Kirche war ein wichtiger Punkt auf der Liste ihrer Feinde. Das kriminelle unmenschliche Regime versuchte auch das Kloster in Haindorf zu zerstören. In der Nacht vom 13. auf den 14. April 1950 wurde im Rahmen der brutalen „Aktion K“, die auch„tschechoslowakische Bartholomäusnacht“ genannt wird, das Haindorfer Kloster durchsucht. In dieser Zeit wurde auch ein Teil der einzigartigen Klosterbibliothek vernichtet. Aus dem Kloster wurde ein Konzentrationslager für Mönche, die gezwungen wurden, in den nahegelegenen Fabriken zu arbeiten. In den fünfziger und sechziger Jahren diente das Kloster auch als Unterkunft für Nonnen, die in einer örtlichen Porzellan- und Textilfabrik arbeiten mussten.
Die zweite Etappe fand in der Nacht vom 27. auf den 28. April 1950 statt. Nach bekannten Informationen hat man damals insgesamt 247 Männerklöster liquidiert. Die landesweite Polizeiaktion „K“ betraf etwa 2500 Mönche in der ganzen Tschechoslowakei, die ungeheuerlichen psychischen und physischen Schikanen ausgesetzt waren. Einige landeten in Gefängnissen und Konzentrationslagern, die jüngeren wurden zum Militär einbezogen. Die liquidierten und leerstehende Klöster wurden zum Teil von der tschechoslowakischen Armee besetzt. Die Religion störte das Regime nicht nur wegen der Ideologie, sondern auch wegen der Unabhängigkeit der Kirche, der Autonomie und insbesondere wegen der Verbindungen zum Vatikan, von wo aus viele Informationen über Menschenrechtsverletzungen ins Ausland verbreitet wurden.
Im Herbst 1950 kam die dritte Etappe der „Aktion K“. Dabei liquidierte man auf ähnliche Weise 670 Frauenorden mit rund 11 900 Schwestern. Die Zeit des Kommunismus, der die Vertreibung der sudetendeutschen Bevölkerung durch das Beneš-Regime vorausging, verwandelte den Wallfahrtsort Haindorf in ein trauriges Bild der Missachtung der Menschen und ihrer Arbeit. In den Zeiten der Alleinherrschaft der Kommunisten von 1948 bis 1989 verfiel das gesamte Kirchenareal. Das Kloster wurde in den siebziger Jahren zu einer Ruine, und in die Wallfahrtskirche regnete es hinein.
Die komplette Renovierung des Klosters begann erst nach der Wende 1990 und ist mit dem am 20. Juni 1948 in Christofsgrund bei Reichenberg geborenen Miloš Raban verbunden. Er war das älteste von drei Kindern. Nach seinem Abitur studierte er an der Technischen Universität in Prag. 1977 verließ er seine Heimat und ging nach Italien, um Theologie und Philosophie zu studieren. Seinen Doktortitel erwarb er an der Päpstlichen Pontificia Universitá Gregoriana. Zum Priester wurde er am 9. November 1985 in der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom geweiht. Die letzten fünf Jahre vor seiner Rückkehr nach Haindorf verbrachte er in Frankfurt am Main.
Als Miloš Raban, der jahrelang im Exil gelebt hatte, nach der Wende 1990 zurückkehrte, teilte ihm das Bistum Leitmeritz die Haindorfer Kirche mit dem Franziskanerkloster zu. Pfarrer Raban ist es gelungen, das nach der gewaltsamen Vertreibung der Mönche im Jahre 1950 und vom kommunistischen Regime in einem erbärmlichen Zustand hinterlassene Kloster neu zu gestalten, die Kirche, einst das zweitwichtigste Pilgerziel im Habsburger-Reich, zu renovieren und die alten Traditionen wieder einzuführen. Nicht zuletzt durch die jährliche, über die Landesgrenzen hinaus bekannte Wallfahrt, die er wieder ins Leben gerufen hatte, wurde Haindorf wieder ein beliebtes Ausflugsziel.
Zu seinen Verdiensten gehörte auch der Aufbau des Internationalen Zentrums der geistlichen Erneuerung. Durch seine Initiative hatte er sich hohes Ansehen erworben und erfreute sich großer Beliebtheit. Er war ein Mensch mit einer unerschöpflichen Energie. Er war ein engagierter Priester, Ratgeber und Helfer für alle, die ihn aufsuchten. Ein gewaltiges Werk wurde von ihm vollendet. Für seine außerordentlichen Verdienste wurde er im Oktober 2010 in Reichenberg ausgezeichnet. Sein Name bleibt auf ewig mit dem Wallfahrtsort Haindorf, der sich im einst deutschen Kreis Friedland befindet, verbunden.
Wir haben ihm viel zu verdanken. Dank seines unermüdlichen Einsatzes wurde das Internationale Zentrum der geistlichen Erneuerung nach einer fünfjährigen Bauzeit Anfang Januar 2001 eröffnet und neu geweiht. Die Kosten betrugen 100 Millionen Kronen. Eine bedeutende Rolle spielten dabei die Europäische Union und die finanzielle Hilfe der aus Böhmen vertriebenen Deutschen.
Miloš Raban, römisch-katholischer Priester der Diözese Leitmeritz, Pfarrer in Raspenau, Administrator excurrendo in Haindorf und Einsiedel, Pädagoge, Theologe und Dekan an der Pädagogischen Fakultät der Technischen Universität Reichenberg und Direktor des Internationalen Zentrums der geistlichen Erneuerung in Haindorf, starb am 7. Januar 2011 nach einem langen Krebsleiden im Reichenberger Kreiskrankenhaus. Die Totenmesse zelebrierte damals Monsignore Jan Baxant, Bischof von Leitmeritz, in der Basilika Mariä Heimsuchung in Haindorf. Anschließend fand er in der Gruft der Haindorfer Kirche seine letzte Ruhe.
Sein Nachfolger wurde im September 2011 Pfarrer Pavel Andrš, der am 8. April 1977 in Reichenberg zur Welt kam. Am 31. Januar 2018 wurden die Wallfahrtskirche und ihr Areal mit dem Kreuzgang, der Statue der Mater Formosa und dem Bereich vor der Kirche mit Ausnahme des ehemaligen Franziskanerklosters, in dem sich heute das Internationale Zentrum für geistliche Erneuerung befindet, zum nationalen Kulturdenkmal der Tschechischen Republik ernannt.