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Der Autor

Stanislav Beran ist freier Journalist und Korrespondent mit Schwerpunkt Geschichte und Kultur. 

Als Auslandskorrespondent berichtet er aus dem Isergebirge für verschiedene Zeitungen und Onlinemedien im deutschsprachigen Raum.

Er ist Dolmetscher und staatlich geprüfter Übersetzer für die deutsche Sprache, Herausgeber der Friedländer Zeitung und Heimatforscher.

Auch die Website https://friedlandinbohmen.jimdo.com, auf der man Informationen zur Vergangenheit und Gegenwart des Kreises Friedland in Böhmen und die vielseitige Geschichte des Landes unserer Ahnen finden kann, wurde von ihm erstellt.

Für den Blog auf Tschechien Online schreibt er seit April 2015.

Im Internet: friedlandinbohmen.jimdo.comfriedlandinbohmen.jimdo.com
Bildnachweis:
Stanislav Beran

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| | Panorama | 5.8.2022

Karl Kolaczek und die Wallenstein-Apotheke

  • Wallenstein-Apotheke in Friedland
  • Wallenstein-Relief an der Fassade
  • Informationstafel an der Apotheke
  • Seitenansicht des Gebäudes

Die Stadtvertretung in Friedland hielt am 14. Dezember 1932 unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Eduard Schröder eine öffentliche Sitzung ab, in der die Rechnungsabschlüsse der Gemeinde und der von der Gemeinde verwalteten Anstalten und Fonds für das Jahr 1931 zur Debatte standen. Bei dieser Sitzung wurde auch das Gesuch des Alois Streitzig um die Konzession für den Betrieb einer neuen Apotheke in Friedland im befürwortenden Sinne erledigt.

Am 27. September 1934, kurz nach der Wallenstein-Feier, die in Friedland vom 23. Juni bis 1. Juli 1934 stattfand, eröffnete der aus Haindorf stammende Apotheker Alois Streitzig seine neue Apotheke. Sie hieß Wallenstein-Apotheke und war im Haus Nr. 390 des Oberlehrers Alfred Beer im Zentrum der Stadt an der Ecke Schlossgasse/Töpferplatz. Im Juli 1937 stellte Streitzig die erforderlichen Medikamente für die Hausapotheke der Ferienkolonie zur Verfügung. Seit dieser Eröffnung sind mittlerweile beinahe 88 Jahre vergangen.

Der Hausbesitzer Alfred Beer starb am 26. Juli 1938 nach längerer Krankheit in seinem 82. Lebensjahr. Beer war in Horschenz (Hořenec) zur Welt gekommen und ging nach dem Besuch des Gymnasiums an die Staatslehrerbildungsanstalt nach Prag, die er 1878 absolvierte. 1878 bis 1920, über vier Jahrzehnte, stand er im Schuldienst in den Bezirken Asch, Trautenau und Friedland. In Friedland war er von 1884 bis 1896 Französischlehrer an der Bürgerschule. Nachher war er bis zu seiner Rente im Jahr 1920 Lehrer in Jungbuch bei Trautenau. 

Seit 1921 lebte er mit seiner Familie wieder in Friedland. Alfred Beer hatte einen Sohn, den Lehrer Oswald Beer, der an der Knabenvolksschule in Friedland lehrte. Nachbar der Wallenstein-Apotheke war bei der Eröffnung 1934 der Zahnarzt Anton Kratzer, der in dem Nebenhaus rechts in der Schlossgasse 391 wohnte. Er starb am 28. August 1942, im 72. Lebensjahr an einem Herzklappenfehler. Dieses Haus wurde am letzten Kriegstag, dem 8. Mai 1945, von Fliegerbomben zerstört.

Bis heute ist die über einen langen Zeitraum ungenutzte Baulücke, die nach der Bombardierung der Stadt direkt neben der Apotheke entstand, zu sehen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde in den Räumen der ehemaligen Apotheke ein Uhrengeschäft eröffnet.

Die neue Wallenstein-Apotheke, mit den neu renovierten Räumlichkeiten, wurde 55 Jahre später, nach dem Besitzerwechsel von dem jetzigen Inhaber wieder ins Leben gerufen. Seit dem Jahr 2000 versorgt sie die Friedländer Bevölkerung mit allem, was für Heilung und Gesundheit nötig ist. Auf der rechten Außenwand der Apotheke befindet sich eine neue runde Reklametafel mit dem deutschen Text: „Wallenstein-Apotheke – Friedland i. B. – Schlossgasse“, die an vergangene Zeiten erinnert.

Ein interessanter, aber aus meiner Sicht leider falscher Hinweis in tschechischer Sprache befindet sich auf der Internetseite der jetzigen Apotheke www.lekarna-frydlant.cz: „Aus der Zeit der ursprünglichen Wallenstein-Apotheke sind ein altes Rezept und eine Originalschachtel für Medikamente vom Anfang des 20. Jahrhunderts erhalten geblieben. Diese beiden Gegenstände kann sich jeder beim Besuch der Apotheke ansehen.“ (tschechisch: Z doby původní Wallenstein apotheke se dochoval recept, z počátku 20. století, který je možné shlédnout přímo v lékárně, stejně jako originální krabička na léky.)

Richtig ist: Bei dem Besuch der Apotheke findet kein Besucher die kleinste Spur von diesen zwei beschriebenen Gegenständen aus der Vergangenheit.

Niemand in der Apotheke hat die geringste Ahnung, wohin diese zwei Sachen verschwunden sind. Auch die Information in tschechischer Sprache über die Eröffnung der Apotheke im Jahr 1920, die auf dem an der Außenwand angebrachten Schild zu finden ist, entspricht nicht der Wahrheit. Meiner Ansicht nach ist das angegebene Jahr völlig falsch. Nach den mir bekannten und zur Verfügung stehenden Informationen wurde die Apotheke nicht im Jahr 1920, sondern am 27. September 1934 gegründet.

Über dem Eingang in die Apotheke und auf der linken Außenwand des Gebäudes befindet sich noch heute ein rundes Relief, auf dem sich der Kopf des Herzogs von Friedland, Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein (* 24. September 1583 in Hartmanitz; † 25. Februar 1634 in Eger), befindet. Der Autor dieser kleinen Kunstwerke ist der Reichenberger akademische Bildhauer Karl Kolaczek, der am 20. Dezember 1898 in Ratiboritz im Kreis Nachod geboren wurde. 

Sein Studium absolvierte er an der Kunstgewerbeschule in Wien, wo er Schüler der österreichischen Bildhauer Josef Valentin Kassin (* 15. Mai 1856 in Klagenfurt-Sankt Ruprecht, † 30. Dezember 1931 in Wien) und Karl Wollek (* 31. Oktober 1862 in Brünn, † 3. September 1936 in Wien) war. 1923 kam er nach Reichenberg und wohnte in der Ruppersdorfer Straße 71. 1935 hatte er im Nordböhmischen Gewerbemuseum in der Stadt unter dem Jeschken seine eigene Ausstellung.

Am 29. November 1959 starb Karl Kolaczek in Reichenberg. Kolaczek war Sieger vieler Wettbewerbe, Mitglied des Metznerbundes und Schöpfer der Gefallenendenkmäler in Leitmeritz und Reichenberg. Ein weiteres seiner Kunstwerke ist das Relief des Reichenberger Tuchträgers an der Fassade des Hauses in der Lerchenfeldgasse 8a – heute Rumjancevova ulice – gegenüber der Regionalen wissenschaftlichen Bibliothek. 

Es ist das einzige erhaltene Kunstwerk von Karl Kolaczek. Bei der Ausstellung der Kunstwerke von Künstlern aus der Heimat, die in Friedland im Schlossmuseum wahrend der großen Wallenstein-Gedenkfeier vom 17. Juni bis 1. Juli 1934 lief, wurde sein Gipsmodell des Porträts und des Wappens für das Grabmal Wallensteins in der Anna Kirche in Münchengrätz ausgestellt. Dieses Grabmal schuf Kolaczek zum 300. Todestag von Albrecht von Wallenstein. 

Das Schloss in Münchengrätz ist heute nicht nur die letzte Ruhestätte des berühmten Feldherrn, sondern auch ein Ort, an dem viele mit dem Herzog verbundene historische Gegenstände aufbewahrt werden. Die Enthüllung des von Kolaczek stammenden Leitmeritzer Gefallenendenkmals erfolgte am 24. und 25. August 1929. Das Monument aus Lindenholz hatte eine Höhe von 4,5 Meter und zeigte Christus, wie er vom Kreuz herab die Hand einem tödlich verwundeten Soldaten reicht.

Sein wichtigstes Werk aus der Zwischenkriegszeit war das Denkmal „Die sterbende Kraft“ zu Ehren der Gefallenen und Vermissten des Ersten Weltkriegs, mit der Statue eines tödlich verwundeten Soldaten, das sich vor der Kirche des Heiligen Kreuzes in Reichenberg befand. Am 31. Mai 1931 wurde dieses Denkmal im Beisein von nahezu 15 000 Zuschauern feierlich enthüllt. An der Denkmal-Enthüllung und an der Weihe in den neu geschaffenen Anlagen unterhalb der Kreuzkirche beteiligten sich auch die Kameraden und die ehemaligen „94er“ aus Friedland und Umgebung. 

Der Festzug marschierte vom Turnhallengarten zum Denkmalplatz. Hier folgten die Feldmesse, Festrede, Enthüllung und die Weihe. Nach der Gedenkrede übernahm der Reichenberger Bürgermeister Karl Kostka das Denkmal in die Obhut der Stadtverwaltung. Dem folgte ein Volksfest im Volksgarten. An der großartigen und eindrucksvollen Feier beteiligten sich rund 100 Vereine mit 80 Fahnen.

Nach der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei wurde dieses Kunstwerk wegen der deutschen Inschrift: „In euren Taten last uns ewig leben!“, die sich auf dem Sockel des Denkmals befand, zerstört. Damals sahen die neuen Siedler nur die deutsche Schrift und waren sich nicht bewusst, dass sie ein wichtiges humanistisches Denkmal von hoher künstlerischer Qualität zerstörten, das allen Opfern des Ersten Weltkriegs gewidmet war und nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik entstand. Nach der Zerstörung verschwand das Reichenberger Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs spurlos und für immer. Übrig geblieben sind nur Fotos und ein leerer Platz.                                 

Bildnachweis:
Stanislav Beran

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