Die Segnung der Osterspeisen, ein alter Volksbrauch in Österreich und Deutschland, wurde auch in dem kleinen Ort Wünschendorf im einstigen Kreis Friedland in Böhmen, heute ein Ortsteil der Gemeinde Bärnsdorf an der Tafelfichte, wieder lebendig. Nach der 40tägigen Fastenzeit, in der früher kein Fleisch gegessen wurde, wurden am Karsamstag in der kleinen, um 1724 errichteten Kapelle Maria Schnee die mitgebrachten Speisen geweiht. Pfarrer Šimon Hamza aus Neustadt an der Tafelfichte segnete fünf große Körbe mit Lebensmitteln und erzählte die Geschichte von Jesu Auferstehung vor 2019 Jahren, dem wichtigsten Fest der Christen.
Die Speisensegnung ist mit der Auferstehungsfeier eng verbunden. Nach dem kurzen Weihegebet segnete Pfarrer Hamza auch das frisch restaurierte Kreuz neben dem Haupteingang der kleinen römisch-katholischen Kapelle. Auf dem Sockel des Kreuzes, das Juliana Nicht im Jahre 1892 gestiftet hatte, befindet sich noch heute eine Tafel mit folgendem deutschen Text: „Hier falte ich still zu dir Erlöser meine Hände und fleh: Kommt meines Lebens Abendroth, daß ich den Lauf als wahrer Christ vollende, und sei mir gnädig in der letzten Noth.“ Der Anfang 2019 gegründete Verein zur Rettung der Dorfkapelle in Wünschendorf hat seine Arbeit aufgenommen. Der Vorstand besteht aus der Vorsitzenden Jana Doubková und den Vorstandsmitgliedern Kateřina Zajíčková und Petr Šafařík.
Die große Herausforderung und das Ziel für die nächsten Jahre wird sein, die nach dem Zweiten Weltkrieg ausgeraubte und zerstörte Kapelle, in der die schönen farbigen Fensterscheiben eingeschlagen wurden, würdig zu erneuern und wieder zum Leben zu erwekken. Eine wichtiges Ansinnen ist auch, durch die Rettung dieser Kapelle die Menschen in der dörflichen Gemeinschaft in ihrem christlichen Glauben zu stärken.
Aus der Geschichte
Der Kreis Friedland, früher auch das Friedländische genannt, in dem die Gemeinde Wünschendorf entstanden war, sah vor der Vertreibung der deutschen Einwohner ganz anders aus als heute. Der kleine Ort gehörte zum Pfarrbezirk Heinersdorf an der Tafelfichte. Hier befindet sich noch heute die 1775 errichtete Pfarrkirche. Damals war da noch die sechsklassige deutsche Volks- und Bürgerschule und eine einklassige tschechische Volksschule. Zu diesem Pfarrbezirk gehörte auch Dittersbächel mit einer einklassigen Volksschule.
In dem Pfarrbezirk gab es im Januar 1928 2677 Katholiken, 229 Altkatholiken und 60 konfessionslose. Pfarrer war Wilhelm Klassen, gebürtig aus Althabendorf im späteren Kreis Reichenberg. In Reichenberg hatte er auch das Staatsgymnasium besucht. Am 16. Juli 1911 erhielt er im Dom Sankt Stephan zu Leitmeritz die Priesterweihe. Sein erster Gottesdienst fand am 23.Juli 1911 in der Pfarrkirche zu Althabendorf statt. Die Kaplanstelle war zu dieser Zeit unbesetzt.
Taufen, Geburten und Todesfälle 1935 und 1936
Die Volksbewegung im Pfarrbezirk Heinersdorf an der Tafelfichte gestaltete sich 1936 folgendermaßen – die eingeklammerten Zahlen gelten für 1935. Taufen: 27 (24), davon Heinersdorf 20 (15), Dittersbächel eine (sechs), Wünschendorf sechs (drei). Dem Geschlecht nach elf männliche und 16 weibliche, unehelich drei. Trauungen neun (14), davon in Heinersdorf sieben (10), Dittersbächel zwei (zwei), Wünschendorf keine (zwei), die jüngste Braut war 18½ Jahre alt. Sterbefälle 23 (35), davon in Heinersdorf 22 (27), Dittersbächel keiner (vier), Wünschendorf einer (vier), davon 13 verheiratet, acht verwitwet und zwei ledig. Der älteste Verstorbene war Josef Schwertner mit 86 Jahren, die älteste Verstorbene Marie Leitelt mit 87 Jahren, beide aus Heinersdorf.1830 lebten in den 139 Häusern des Dorfes 699 Menschen. 1930 lebten in Wünschendorf 539 Menschen. Im Ort lebte eine tschechische Minderheit von etwa 20 Personen, die sich aus Zoll- und Finanzbeamten zusammen-setzte. 1935 lebten in Wünschendorf 532 Einwohner, davon waren 516 Deutsche und 16 Tschechen. Bis 1945 gab es hier zum größten Teil deutsche Bewohner, die nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden. 1991 wurden in dem kleinen Ort 22 Einwohner registriert. 2001 bestand das Dorf aus neun Wohnhäusern, in denen 25 Menschen lebten. Der letzte deutsche Pfarrer in Neustadt war der am 22.April 1902 in Böhmisch Kamnitz geborene Franz Kühnel. Nachdem er das Gymnasium in Mariaschein bei Aussig absolviert hatte, besuchte er das Priesterseminar in Leitmeritz. Nach der Priesterweihe am 28. Juni 1925 wurde er Kaplan in Neustadt. 1937 wurde er Pfarrer in Heinersdorf. Im Februar 1944 wurde er zum Pfarrer in Neustadt ernannt. Aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit musste er am 28.August 1946 seinen Dienst beenden, teilte er sein Schicksal mit vielen anderen Vertriebenen. Er starb am 22. September 1969 in Hemau im Oberpfälzer Landkreis Regensburg in Bayern.
Schuleinweihung
In dem kleinen Ort Wünschendorf, direkt an der hier verlaufenden Landesgrenze, befanden sich unter anderem eine zweiklassige Volksschule, das kleine, fast vergessene und vernachlässigte sakrale Bauwerk der besagten Kapelle und ein Zollamt im Haus Nr.147. Das Postamt und die Bahnstation befanden sich in Heinersdorf. Weitere Informationen, die mit diesem Denkmal, der Kapelle, verknüpft sind, konnten leider nicht gefunden werden. Am 7. September 1913 fand in Wünschendorf ein großes Fest statt. An diesem Tag wurde die neue Schule eingeweiht. Außer den Ortsvereinen, der Schuljugend und der Gemeindevertretung nahm an dieser Feier eine große Anzahl von Ehrengästen teil, unter anderen k.k. Bezirksschulinspektor Krause, der Erbauer des neuen Schulhauses, Baumeister Neißer aus Friedland und der Pastor Thiemann aus Marklissa. Vor dem alten Schulhaus hielt Oberlehrer Lange eine auf die Feier Bezug nehmende Ansprache, in der er der zahlreichen Wohltäter gedachte, die durch ihre Hilfe der Gemeinde und der Schule in Wünschendorf geholfen haben. Mit einer Musikkapelle zog man zum neuen Schulgebäude, wo die feierliche Schlüsselübergabe durch den aus Friedland stammenden Baumeister Neißer an Ortsvorsteher Josef Nesbeda erfolgte.
Er hielt einen Rückblick auf die Schulverhältnisse in Wünschendorf seit 1760 und beglückwünschte schließlich die Lehrer und die Schuljugend zu der neuen Schule. Der Bezirksschulinspektor Krause übergab dann die neue Schule in die Obhut des Bezirksschulrates, und nach Ansprachen der beiden Geistlichen (evangelisch und katholisch) wurde die Weihe vorgenommen. Nach dem Singen eines Chorals endete die Feier. Nachmittags fand in der Nähe der Schule ein zahlreich besuchtes Volksfest mit Kinderbelustigungen statt. Seit der Planung und Einweihung der neuen Schule sind inzwischen 106 Jahre vergangen.
Die Firma Eduard Heintschel in Heinersdorf spendete 1914 als Weihnachtsgabe den Ortsarmen der Gemeinde Heinersdorf 1000 Kronen, Bärnsdorf 300 Kronen, Dittersbächel 150 Kronen und Wünschendorf 50 Kronen. Am 23.Dezember 1914 fand in der Schule die Christbescherung armer Kinder statt. Beschenkt wurden zwölf Knaben und 30 Mädchen mit warmen Kleiderstoffen im Wert von 220 Kronen. Dieser Betrag entsprach dem Zins der Adolf und Josef Robert Streitschen Schulstiftung. Fünf arme Kinder erhielten außerdem noch je sieben Kronen bar aus der Bernhard Scholzschen Schulstiftung. Am 24.Dezember wurden 17 alte arbeitsunfähige Leute mit je sieben Kronen aus den beiden Streitschen Armenstiftungen beschenkt. Die Firma Eduard Heintschel & Co. in Heinersdorf übergab ebenfalls wie alljährlich 50 Kronen zur Verteilung an Arme im Ort.
Gründung des Turnvereins
In Wünschendorf wurde am 10. Mai 1914 im Gasthaus „Zur Stadt Marklissa“ der deutsche Turnverein gegründet. Zur Gründung waren der Gausprechwartstellvertreter Gustav Bitterlich aus Neustadt, der Bezirkssprechwart Lehrer Heinrich Hirschmann, Vertreter der Turnvereine Heinersdorf, Bärnsdorf, Rükkersdorf, Neustadt, Schönwald, Dittersbach und Hermsdorf gekommen. Der Gemeindevorsteher Josef Nesbeda leitete die Versammlung. Der neu gegründete Verein, der dem Friedländer Turnbezirk angehörte, zählte 36 Mitglieder. Der Turnrat zählte 14 Mann und hatte folgende Zusammensetzung:Sprechwart war Gemeindevorsteher Josef Nesbeda, sein Stellvertreter Franz Haupt, Turnwart war Ernst Schwertner, sein Stellvertreter Lehrer Heinrich Menzel, Säckelwart war Adolf Kreuzmann, sein Stellvertreter Franz Zimmermann, Schriftführer war Ernst Wendler, sein Stellvertreter Ernst Schwertner, Zeugwart war Oskar Mannich, sein Stellvertreter Engelbert Pertram (der gleiche Name Engelbert Pertram aus Wünschendorf, geboren 1886, bei dem Infanterie-Regiment Nr.94, erscheint auf der Verlustliste, ausgegeben am 10.August 1915, als verwundet), Kneipwart war Josef Kreuzmann, Turnräte waren Oberlehrer Adolf Lange, Alfred Krause und Sylvester Linke. Eine Sammlung ergab acht Kronen und 40 Heller. Wünschendorf war der 18.Turnverein des Turnbezirkes Friedland.
Kriegsopfer
In der Zeit des Ersten Weltkrieges (1914–1918) wurden meistens nur traurige Nachrichten verzeichnet. Auch dieser kleine Ort wurde nicht verschont. Mehr als 4,5 Millionen deutsche und österreichische Soldaten wurden in diesem Krieg verwundet. Und in diesem Krieg verloren mehr als 9442000 Soldaten ihr Leben. Auch in Wünschendorf wurden im Jahre 1914 viele junge Männer gemustert und zum Kriegsdienst eingezogen.Einer der ersten Gefallenen war Landwirt und Krämer Franz Altmann aus Ober Wünschendorf. Er fiel im Kampf gegen Serbien und hinterließ eine Witwe und zwei unversorgte Kinder. Auf dem Feld der Ehre verlor sein Leben im Kampf gegen Russland auch der aus Deutschland stammende Zimmermaler und Landsturmmann Wilhelm Klüks. Auch er hinterließ eine Witwe mit zwei kleinen Kindern.
30.April 1915 kam die Nachricht, daß Adolf Förster, Zugführer im k.u.k. Infanterie-Regiment Nr. 94,Maurer in Wünschendorf, für seine hervorragende Tapferkeit mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet wurde. Seit August 1914 wurde der Ersatzreservist Rudolf Linke im k.u.k. Infanterie-Regiment Nr.94, 14 Feldkompagnie, 2. Zug, vermisst. Wer irgend eine Auskunft über den Verbleib des Genannten geben konnte, sollte sich bei Philomena Linke, Landwirtsgattin in Wünschendorf Nr.51, melden. 11.September 1914 ging Eduard Franz Heintschel Edler von Heinegg, Gutsbesitzer in Wünschendorf, als Kriegsfreiwilliger zum Heer ab. Am 13.September 1914 war Helene Mannich morgens im Kriegsgottesdienst in der Wünschendorfer Kapelle. Nachmittags besuchte sie ihre Tochter Ida Schär, deren Gatte Dienstag zum Heer einrücken musste. Auf dem Nachhauseweg brach sie vor ihrer Haustür bewusstlos zusammen, und der später heimkehrende Gatte Eduard Mannich fand sie tot auf. Am 11.November 1918 war der Erste Weltkrieg nach vier Jahren, drei Monaten und elf Tagen beendet.