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Der Autor

Stanislav Beran ist freier Journalist und Korrespondent mit Schwerpunkt Geschichte und Kultur. 

Als Auslandskorrespondent berichtet er aus dem Isergebirge für verschiedene Zeitungen und Onlinemedien im deutschsprachigen Raum.

Er ist Dolmetscher und staatlich geprüfter Übersetzer für die deutsche Sprache, Herausgeber der Friedländer Zeitung und Heimatforscher.

Auch die Website https://friedlandinbohmen.jimdo.com, auf der man Informationen zur Vergangenheit und Gegenwart des Kreises Friedland in Böhmen und die vielseitige Geschichte des Landes unserer Ahnen finden kann, wurde von ihm erstellt.

Für den Blog auf Tschechien Online schreibt er seit April 2015.

Im Internet: friedlandinbohmen.jimdo.comfriedlandinbohmen.jimdo.com
Bildnachweis:
Stanislav Beran

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| | Kultur | 16.9.2021

Gedenktafel zur Erinnerung an Gablonzer Architekten Robert Hemmrich

Heuer jähren sich die Geburtstage der Gablonzer Architekten Robert Hemmrich und Josef Zasche zum 150. Mal
  • Die enthüllte Gedenktafel
  • Text der Gedenktafel
  • Enthüllung der Tafel am 10. September 2021
  • Ansprache des Bürgermeisters anlässlich der Enthüllung der Gedenktafel
  • Gablonz Stadtbad
  • Stadtbad in Neustadt an der Tafelfichte
  • Das ehemalige Café Habsburg in Gablonz
  • Kunstgrundschule in Gablonz vor der Enthüllung der Gedenktafel

Am Freitag, 10. September 2021, enthüllte der Gablonzer Bürgermeister Jiří Čeřovský unter Fanfarenklängen eine Gedenktafel für den berühmten Gablonzer Architekten Robert Hemmrich. Die Gedenktafel hängt an der Fassade der Kunstgrundschule in der Podhorská-Straße 47, früher Gebirgsstraße. Dieses 1924 von Hemmrich entworfene Gebäude ist auch heute noch für die Öffentlichkeit zugänglich, da es die Schule beherbergt. Die bronzene Gedenktafel für Robert Hemmrich stammt vom Künstler, Galerist und Kurator der Gablonzer Städtischen Galerie MY Jan Strnad. Darauf stehen ein tschechischer und ein deutscher Text. Der deutsche Text lautet:

„Robert Hemmrich. 
1. Mai 1871 bis 15. April 1946. 
Ein Architekt, der maßgeblich das Antlitz seiner Geburtsstadt mitprägte. Nach seinen Entwürfen wurden öffentliche und Fabrikgebäude, Geschäftshäuser, das Stadtbad, Wohnhäuser und Villen erbaut. Er ist Urheber von Aussichtstürmen und vieler weiterer Bauten in der Region des Isergebirges.“

Robert Hemmrich kam als ältester Sohn des Schlossermeisters Franz Hemmrich zur Welt.

Im Laufe seines Lebens entstanden 981 Gebäude nach seinen Entwürfen. Davon befanden sich etwa 500 in Gablonz und seiner Umgebung. Die übrigen Gebäude befinden sich in Sachsen und Österreich. Prestigewerke waren das 1910 fertiggestellte Stadtbad von Kaiser Franz Joseph in Gablonz und das Jubiläumsbad von Kaiser Franz Joseph in Neustadt an der Tafelfichte aus dem Jahr 1911. Vergleicht man die beiden Gebäude, so fällt sofort eine große Ähnlichkeit auf.

Das Stadtbad in Neustadt war bescheidener. Aber im Gegensatz zu dem in Gablonz blieb seine ursprüngliche Form erhalten. Und es erfüllt noch immer seinen Zweck.

In den 1960er Jahren wurde das städtische Bad in Gablonz einer ausgesprochen bedauerlichen Modernisierung unterzogen, bei der die ursprüngliche, wertvolle Fassade zerstört wurde. Jetzt wartet das baufällige Gebäude auf eine neue Nutzung.

Auch das Hotel Schienhof am Altstädter Platz in Reichenberg, das von dem Reichenberger Baumeister Julius Keil im Auftrag des Reichenberger Kaufmanns und Fabrikanten Ignaz Schien aus Reichenberg-Rosenthal 1906 errichtet wurde, wurde nach den Plänen Hemmrichs gebaut. Viele Gebäude sind als Kulturdenkmale geschützt, während andere in der städtischen Schutzzone in Gablonz unter Denkmalschutz stehen. Robert Hemmrich, der häufig Aussichtsturm-Architekt genannt wurde, entwarf vier Aussichtstürme im Isergebirge.

1 - Der stolze Bau der Schwarzbrunnwarte mit dem steinernen Aussichtsturm und dem Restaurant wurde schon am 14. August 1905 eröffnet. Den Turm mit der wunderbaren Aussicht hatte sich der Gablonzer Gebirgsverein 100 000 Kronen kosten lassen. Er gehört zu den bekanntesten Türmen im Isergebirge.
2 - Am 4. Juli 1909 wurde die Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläumswarte auf dem 831 Meter hohen Tannwalder Spitzberg eröffnet.
3 - 1912 entstand der 21 Meter hohe Aussichtsturm neben der Brambergbaude auf dem 787 Meter hohen Bramberg bei Wiesenthal.
4 - 1932 wurde der 27 Meter hohe Aussichtsturm auf dem Proschwitzer Kamm fertiggestellt. 2003 beschädigte ihn ein Brand, 2009 wurde er renoviert.

Nach der feierlichen Gedenktafel-Enthüllung fand im Konzertsaal der Kunstgrundschule ein Robert Hemmrich gewidmetes Jubiläumskonzert statt. Das Dvořák-Klavierquartett spielte Werke von Gustav Mahler und Robert Schumann. Die Veranstaltung hatte der Verein Musica Varia in Zusammenarbeit mit der Stadt Gablonz und der Städtischen Galerie MY vorbereitet.

Die Enthüllung der Gedenktafel und das Festkonzert bildeten den Höhepunkt einer Reihe von Veranstaltungen, die dem 150. Geburtstag der beiden Berühmtheiten aus Gablonz gewidmet waren. Die Gedenktafel für Josef Zasche, der unter anderem zwei Kirchen für seine Geburtsstadt entwarf, befindet sich seit 1999 an der Südseite der Herz-Jesu-Kirche auf dem Oberen Marktplatz.

Der Veranstaltung am vergangenen Freitag folgte am Samstag der Europäische Tag des offenen Denkmals, an dem man auch einige Räume des Gablonzer Rathauses besichtigen konnte. Diejenigen, die sich nicht scheuten, die Treppe zu erklimmen, konnten im Rathausturm ein nagelneues Modell des Aussichtsturms Schwarzbrunnwarte ansehen, das die Gablonzer Modellbauer des Vereins Admiral erschaffen hatten.

Die Ausstellung zum 150. Geburtstag von Zasche und Hemmrich war bereits Anfang Juni eröffnet worden und richtete sich an alle, die mehr über die beiden Architekten und die von ihnen entworfenen Gebäude erfahren wollten. Sie erhielten die Möglichkeit, sich mit der Architektur auseinanderzusetzen und einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Neben historischen Fotos und Bauplänen wurden auch Gebäudemodelle von Hemmrichs Aussichtstürmen in der ursprünglichen Form gezeigt. Die Modelle waren eine Leihgabe des Technischen Nationalmuseums in Prag.

Am Samstag bestand die letzte Gelegenheit, die Ausstellung „Architektur für die Bergstadt Gablonz“ in der Städtischen Galerie MY zu besichtigen, die dem Lebenswerk Zasches und Hemmrichs gewidmet war. Hemmrich und seiner Familie blieb nach dem Zweiten Weltkrieg das traurige Schicksal der meisten Sudetendeutschen nicht erspart. Am 14. August 1945 wurden er, seine Frau Alma und seine Tochter Alma im Aussiedlungslager in Reinowitz interniert. Auf die schriftliche Anordnung der lokalen Verwaltungskommission vom 14. September 1945 wurde Robert Hemmrich am 2. November 1945 aus dem Internierungslager entlassen und gezwungen, für das städtische Bauamt mehr als 1000 Baupläne zu sortieren.

„Er ist für die Stadt Gablonz unabkömmlich“, stand in dem Brief an die Kommandantur des Lagers. Kurz nach seiner Entlassung starb er am 15. April 1946. Seine letzte Ruhestätte fand er in der Familiengruft auf dem städtischen Friedhof. Seine geliebte und halbblinde Frau Alma und seine Tochter Alma Neumann wurden enteignet und mußten Gablonz verlassen. Am 23. Oktober 1946 wurden sie vertrieben.

Josef Zasche kam am 9. November 1871 in Gablonz als zweites Kind des Glasschleifers Josef Zasche und dessen Frau Franziska zur Welt. Seine Schwester hieß Amalia. Leider wurden die Geschwister bereits im Kindesalter zu Waisen, da zuerst die Mutter und dann der Vater 1881 mit 51 Jahren starb. Josefs Vormund wurde sein Onkel Anton Pfeiffer, ein Glaswarenexporteur. Nach dem Besuch der Bürgerschule in Gablonz studierte er 1885 bis 1889 an der staatlichen Gewerbeschule für Bauwesen in Reichenberg, wo Adolf Loos sein Kommilitone war. Nachher ging er nach Wien, wo er ab 1889 an der Akademie der bildenden Künste bei dem bedeutenden österreichischen Architekten des Historismus und Hochschullehrer Karl von Hasenauer studierte. Später wurde Zasche Mitarbeiter und Assistent bei Friedrich Ohmann, einem der angesehensten österreichischen Architekten und Lehrer. 1892 schloß er sein Studium ab, gewann den Haggenmüller-Preis und absolvierte seine praktische Ausbildung im Konstruktionsbüro von Friedrich Schachner. 1895 zog er nach Prag, wo er sich dauerhaft niederließ. 1906 wurde er zum Baurat ernannt und begann, sich in Prag zu etablieren. Er hinterließ in vielen tschechischen Städten unvergeßliche Spuren. Seine ersten wichtigen Bauprojekte realisierte er in Nord- und Westböhmen.

Er entwarf die Sparkasse in Asch, die Blaue Villa für den Bildhauer Karl Wilfert junior sowie den Palast der Prager Eisengesellschaft, das Haus Zu den drei Reitern in der Prager Neustadt und das Geschäftshaus für den Wiener Bankverein in der Prager Altstadt.

Für dieses Haus erhielt er die Auszeichnung für das beste Gebäude in Österreich-Ungarn im Zeitraum 1900 bis 1910. 1930 bis 1931 entstand nach Zasches Plänen die römisch-katholische Herz-Jesu-Kirche in Gablonz. Dabei bezog er die Rüdiger-Skulptur des bereits verstorbenen böhmischen Bildhauers Franz Metzner ein, die er als Hauptfigur eines Brunnens vor der Kirche aufstellte. Nach der Vertreibung wanderte diese allerdings zu den im bayerischschwäbischen Kaufbeuren gestrandeten Gablonzer Landsleuten.

Zasche entwarf die Volksbibliothek Weinmanneum in Aussig, die nach Jacob Eduard Weinmann benannt wurde, das Bezirks-Armen- oder Kaiserin-Elisabeth-Haus in Komotau, das Geschäftshaus für den Assekuranzverein der Zuckerindustrie in der Prager Neustadt, die altkatholische Kreuzkirche in Gablonz und den Ausstellungspavillon Haus der Kunst auf der Deutsch-Böhmischen Ausstellung in Reichenberg. Er wurde als Jurymitglied bei Architekturwettbewerben eingeladen, war Mitglied des Kuratoriums der deutschen Sektion der Modernen Galerie in Böhmen, Mitglied der Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften und Künste in der Tschechoslowakei und Vorsitzender der Gesellschaft deutscher Architekten in Böhmen. Außerdem war Josef Zasche Sozialdemokrat und Gegner der Nationalsozialisten.

Nichtsdestotrotz internierten die Tschechen ihn am 7. Mai 1945. Als die Vertreibung 1946 bevorstand, intervenierten seine tschechischen Kollegen mit einer Petition für den Verbleib des mittlerweile 75jährigen sudetendeutschen Pensionärs in seiner Heimat. Erfolglos. Im Zuge der Vertreibung strandete Josef Zasche im sachsen-anhaltinischen Schackensleben nahe Magdeburg inmitten der Sowjetischen Besatzungszone. Zu seinen tschechischen Kollegen hatte er freundschaftliche Beziehungen gepflegt. Mit vielen tschechischen Architekten war er befreundet gewesen. Doch er war ein Deutscher, und die tschechoslowakische Nachkriegsmaschinerie fegte nachsichtslos alle Deutschen aus dem Land. Zasche akzeptierte seine schwierige Situation in Sachsen-Anhalt nicht. Er versuchte trotz seines fortgeschrittenen Alters, auch in der Fremde mit seiner Expertise Geld zu verdienen. Vergeblich. Er wandte sich an die tschechoslowakischen Staatsbehörden und versuchte zu beweisen, daß er sich in keiner Weise gegenüber der Tschechoslowakischen Republik schuldig gemacht hatte. Trotz all dieser Bemühungen wurde ihm nicht gewährt, sein Werk fortzusetzen. Vergessen und verarmt starb Josef Zasche am 11. Oktober 1957 in der kommunistischen „DDR“.

Sein Geburtshaus steht immer noch in der Kreuzstraße in Gablonz und ist ein geschütztes Kulturdenkmal. Alle von ihm in Gablonz errichteten Gebäude sind ebenfalls erhalten geblieben. Sein Prager Atelier und das außergewöhnliche persönliche Archiv einschließlich seiner Bibliothek und aller Unterlagen wurde bereits während seiner Internierung 1945 geplündert und zerstört. Sein wertvoller Nachlaß wurde mit Mistgabeln auf einen Lastwagen verladen und weggebracht.

Heute steht Josef Zasche auf der Liste der 50 bedeutendsten Persönlichkeiten des Kreises Reichenberg. Er ist einer der bedeutendsten deutschen Architekten in Böhmen.

Bildnachweis:
Stanislav Beran

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