Robert Philipp Hemmrich war ein bedeutender Gablonzer Architekt und Baumeister in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sowie Zeitgenosse der berühmten Architekten Josef Zasche (1871-1957) und Adolf Loos (1870-1933).
Am 1. Mai 1871 kam Robert Hemmrich im Haus Nr. 191 in Gablonz zur Welt. Er war der älteste Sohn des Schlossermeisters Franz Hemrich - sein Vater schrieb sich nur mit einem M - und dessen Frau Antonie, geborene Fischer. Sechs Tage nach seiner Geburt taufte ihn Kaplan Josef Kessel. Seine Vorliebe zum Bauen hat er angeblich schon im Sandkasten entdeckt. Er war Mitglied des Metznerbundes und Stadtrat. 1885 bis 1889 studierte er in Reichenberg an der Gewerbeschule. Seine Abschlußprüfung bestand er 1895 erfolgreich an der Universität Linz. Im Januar 1916 wurde er als Oberleutnant im Ersten Weltkrieg für seine vorzügliche Dienstleistung mit der Militär-Verdienstmedaille am Bande Signum laudis ausgezeichnet.
Der Schwerpunkt seines Schaffens lag in Gablonz, wo er sieben Jahre nach seinem Architekturstudium ein Atelier und seine Baukanzlei eröffnete. Hier fand er mit seiner Frau Alma auch seinen neuen Wohnsitz. Sie lebten in dem Haus seines Vaters in der jetzigen Prager Straße. Während seiner 40jährigen Praxis zeichnete er 3000 Baupläne, von denen 981 verwirklicht wurden. Rund 500 Bauwerke davon stehen in Gablonz und Umgebung. Seine Inspiration fand er auch auf den vielen Auslandsreisen, die er mit seiner Frau unternahm.
Er entwarf das am 15. Januar 1911 feierlich eröffnete und im Jugendstil gebaute Kaiser-Franz-Joseph-Bad in Neustadt an der Tafelfichte mit einem 11,4 mal 5,8 Meter großen Schwimmbecken. Neben dem Reichenberger Hotel Schienhof war das sein anspruchsvollster Bau.
Nach seinen Plänen entstand das Parkhotel im Stadtpark in Morchenstern an der Stelle der ehemaligen Kaiserhöhe. Die Errichtung von Hemmrichs Sankt-Josefs-Kirche 1915 in Lautschnei - einem Stadtteil von Johannesberg - beaufsichtigte der Baumeisters Rudolf Scholz. 1995 wurde deren Altarbild gestohlen und 2002 durch eine originalgetreue Kopie ersetzt. Robert Hemmrich, häufig Aussichtsturm-Architekt genannt, entwarf auch vier Aussichtstürme im Isergebirge:
- Die Schwarzbrunnwarte ist einer der bekanntesten Türme des Isergebirges und wurde vom Gablonzer Gebirgsverein mit einem Kostenaufwand von 100000 Kronen erbaut.
- Der 21 Meter hohe Turm auf dem 787 Meter hohen Bramberg bei Wiesenthal entstand 1912.
- Die Kaiser-Franz-Joseph I.-Jubiläumswarte auf dem 831 Meter hohen Tannwalder Spitzberg wurde am 4. Juli 1909 eröffnet.
- Der 27 Meter hohe Aussichtsturm auf dem Proschwitzer Kamm wurde 1932 fertiggestellt. 2003 beschädigte ihn ein Brand, 2009 wurde er repariert.
Nach Hemmrichs Entwurf wurde 1908 auch die Villa Schowanek des Industriellen Johann Schowanek in Georgenthal erbaut. Das ganze Objekt wurde in den dreißiger Jahren umgebaut. 1908 bis 1909 entwarf er das Kaiser-Franz-Joseph-Bad in der damaligen Burgerstraße in Gablonz mit einer Zentralheizung für alle Räume. Im Mai 1910 wurde das Bad der Öffentlichkeit übergeben. Nach seinen Plänen entstand die Villa von Josef Jäger und die danebenstehende Villa von dessen Bruder Max.
Sie besaßen die 1898 gegründete Modeschmuck-Firma Gebrüder Jäger. Hemmrich entwarf nicht nur Luxusvillen, Familienhäuser, repräsentative Häuser, städtische Wohngebäude, Schulen, Stadtbäder, Sporthallen, Fabrikareale und Denkmale. Er führte auch Umbauten und Modernisierungen von Altbauten durch. Anfang April 1922 verlobte sich Hemmrichs Tochter Alma mit Rudolf Neumann aus Haida, einem Sohn des Oberlehrers Neumann in Reinowitz. Am 16. Oktober 1943 rutschte der 58 Jahre alte Oberlandesgerichtsrat Rudolf Neumann auf einer auf dem Gehsteig liegende Apfelschale aus und brach sich das Becken. Er mußte sich am nächsten Tag einer Operation unterziehen, der er erlag.
Der auf so tragische Weise ums Leben gekommene Oberlandesgerichtsrat war ein hervorragender Jurist, der Jahre zuvor beim Kreisgericht in Reichenberg tätig, seinerzeit eine Berufung an den Obersten Gerichtshof in Brünn ablehnte und 1939 an das Landesgericht nach Leitmeritz und nachher an das Reichsgericht nach Leipzig berufen worden war, wo er etwa zwei Jahre lang als Kriegsgerichtsrat gewirkt hatte.
Mit soldatischen Ehren erfolgte seine Überführung zum Leipziger Bahnhof und von dort nach Reichenberg zur Einäscherung. Auch Robert Hemmrich und seiner Familie blieb nach dem Ende des Krieges das traurige Schicksal der meisten Sudetendeutschen nicht erspart. Ab 14. August 1945 wurde er mit seiner Ehefrau und Tochter im Aussiedlungslager in Reinowitz interniert. Auf die schriftliche Anordnung der lokalen Verwaltungskommission vom 14. September 1945 wurde Robert Hemmrich am 2. November 1945 aus dem Internierungslager entlassen und gezwungen, für das städtische Bauamt mehr als tausend Baupläne zu sortieren. „Er ist für die Stadt Gablonz unabkömmlich", stand in dem Brief an die Kommandantur des Lagers. Kurze Zeit nach seiner Entlassung starb er unerwartet am 15. April 1946. Seine letzte Ruhestätte fand er in der Familiengruft auf dem städtischen Friedhof in Gablonz. Seine geliebte und halbblinde Frau Alma und seine Tochter Alma Neumann wurden enteignet, mußten Gablonz verlassen und wurden am 23. Oktober 1946 vertrieben.