70 Jahre nach dem Krieg bahnt sich ein großes Comeback an. Die übermannsgroße Bronzestatue des Rüdiger von Bechelaren kommt nach Gablonz an der Neiße (heute: Jablonec nad Nisou) zurück. Die Mehrheit der Stadtvertreter hat sich für eine Wiederaufstellung einer Kopie des Rüdigerdenkmals ausgesprochen. Es sei geplant, die Statue des Ritters wieder an den ursprünglichen Standort zu bringen. Es ist noch unklar, wie viel die Kopie kosten wird und wer sie herstellt. Die Initiative für den Erhalt des Denkmals kam von mehreren Experten der Stadt Gablonz an der Neiße, unter denen auch Architekten, Bildhauer und Historiker sind. Geprüft wird, ob das Projekt vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds gefördert werden kann.
Die Debatte löste mehrfach auch Kritik bei den Bewohnern der Stadt aus. „Die Rüdiger Statue hat mit dem heutigen Gablonz nichts zu tun. Warum also sollte man die Statue wieder aufstellen?“, sagt der Stadtrat Václav Vostřák (ODS). „Natürlich, es ist kein tschechischer Gönner, aber es ist ein Symbol der edlen Ideen des Rittertums,“ konterte der Bildhauer Jiří Dostál aus Gablonz an der Neiße. Laut Bürgermeister Petr Beitl (ODS) sind die Proteste gegen das Rüdigerdenkmal unbegründet.
Die Statue des Ritters Rüdiger - eine Figur aus der Nibelungensage - von dem böhmisch-österreichischen Bildhauer des Jugendstils Franz Metzner (1870 - 1919) gehörte ursprünglich nach Wien. Im Jahr 1904 erhielt Franz Metzner von der Stadt Wien den Auftrag, einen Nibelungenbrunnen zu schaffen, der seinen Platz an der Wiener Ringstraße vor der Votivkirche erhalten sollte. Als sich das Vorhaben zerschlug, erwarb die Gesellschaft zur Förderung deutscher Kunst und Wissenschaft in Prag die einzige bereits fertiggestellte Teilfigur des Brunnens, den Rüdiger.
Erst fünf Jahre nach Metzners Tod (1924) kaufte die Stadt Gablonz an der Neiße (Bürgermeister Karl Richard Fischer) die Rüdigerskulptur für 50.000 Kronen. Vorläufig fand die Statue einen Standort am Tuchplatz gegenüber der Anna-Kirche. Ende der 1920er-Jahre fand der Rüdiger bei der Bauplanung für die gerade entstehende Herz-Jesu-Kirche Berücksichtigung. Auf der Bastei vor der Kirche wurde ein neuer Aufstellort gefunden. Der Brunnen mit Skulptur und Reliefs wurde 1931 eingeweiht, insgesamt wurden dafür 700.000 Kronen aufgewendet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, in der Nacht vom 14. zum 15. Juni 1945, wurde das Wahrzeichen der Stadt Gablonz (der 2,9 Meter hohe Ritter Rüdiger) gestürzt, zertrümmert und von betrunkenen Rotgardisten hinter einem Lastwagen durch die Stadt bis zum Rathaus gezogen. Schließlich landete er auf dem Schrottplatz. 1958 übernahm das Kunstwerk die Nationalgalerie in Prag. Auf den Platz, wo der Ritter Rüdiger stand, wurde ein Rotarmist aus Gips hingestellt.
Die heimatvertriebenen Gablonzer hatten sich in der Zwischenzeit mehrheitlich im Kaufbeurer Stadtteil Neugablonz angesiedelt. Seit 1954 gab es wiederholt Versuche, das Gablonzer Wahrzeichen für die neue Heimat zu erwerben, doch erst im Zuge des Prager Frühlings ergab sich die Möglichkeit. Die Museumsverwaltung der Tschechoslowakei bot im Rahmen einer Maßnahme zur Devisenbeschaffung über einen Münchner Kunsthändler den Erwerb für 10.000 US-Dollar an (damals ein Gegenwert von 40.000 Mark).
Die Unternehmer Otto Walter und Alfred Prediger aus Neugablonz spendeten den geforderten Betrag, sodass die Statue und die Reliefs Richtung Kaufbeuren versandt wurden und am 17. Februar 1968 dort ankamen.
Am 30. August 1970 erfolgte die Aufstellung der Rüdigerskulptur in der Parkanlage vor der Herz-Jesu-Kirche in Neugablonz - einem Stadtteil von Kaufbeuren im Allgäu.
Die Stadt Kaufbeuren und die Deutschen, die aus der Tschechoslowakei nach dem Krieg vertrieben wurden, begrüßen die Initiative des Gablonzer Stadtrates.
„Für sie ist es ein Symbol der Aussöhnung mit der Vergangenheit und der Abschluss der Kriegsgeschichte“, sagt die Sprecherin der Gemeinde Markéta Hozová.
Das Denkmal soll 2016, zum 150. Jahrestag der Stadt Gablonz, enthüllt werden.