Die Gemeinde Kunnersdorf hat 356 Einwohner und ist 3,5 Kilometer von der Stadt Friedland entfernt. Mitte Oktober feierte sie ein großes Ereignis.
Die lange Zeit still gelegte Kirchturmuhr der Kunnersdorfer katholischen Allerheiligen-Kirche steht in der Mitte des Friedhofs. Sie wurde nun feierlich zum neuem Leben erweckt.
Die kleine Feier begann am frühen Nachmittag. Auf ihrem Höhepunkt segnete der polnische Dekan Grzegorz Marian Czyżewski die Turmuhr, und der Turmuhren-Fachmann Jan Marek nahm sie in Betrieb. Exakt ab 15.00 Uhr lief sie wieder. Nach den Informationen von Jan Marek aus Turnau/Turnov gibt es in der Tschechischen Republik nur zwei Kirchenuhr-Restauratoren. Er sei einer von ihnen. Die Kunnersdorfer Turmuhr baute Adolf Bergmann aus Reichenberg im Jahr 1879. Der Uhrmacher Bergmann, der aus der bekannten Uhrmacherfamilie Johann Gottfried Bergmann aus Zittau stammte, war in dieser Gegend einer der bekanntesten Uhrmacher. Er hatte damals Uhren gefertigt, die zu den besten ihrer Zeit gehörten. Bekannt ist, daß sich ein baugleiches Uhrwerk in der Kirche in Langenbruck/Dlouhý Most bei Reichenberg befindet und die Zeit anzeigt.
Seit 14. Oktober, 15:00 Uhr, zeigt die 144 Jahre alte und ungefähr 250 Kilogramm schwere historische Uhr wieder die Zeit an. Finanziert wurde die Aktion mit einer öffentlichen Spendensammlung, die diese notwendige Restaurierung ermöglichte. Das gesammelte Geld wurde bisher nur für die Inbetriebnahme der Kirchenuhr verwendet. Für die Restaurierung des Schlagwerks, das für den Viertelstunden- und den Stundenschlag zuständig ist, fehlt noch das Geld. Ein Termin für die Fertigstellung ist noch nicht bekannt. Die Kosten der vollständigen Restaurierung des Uhrwerks belaufen sich auf rund 333 000 Kronen und werden wieder mit Spendengeldern finanziert. Übernommen wurde die vollständige Restaurierung der historischen Uhr, die seit der Vertreibung der Sudetendeut- schen aus Kunnersdorf außer Betrieb war, wie geschrieben von dem Uhrmacher und Turmuhren-Restaurator Jan Marek, der das Uhrwerk noch vor dem Abtransport in seine Werkstatt bis ins kleinste Detail zerlegte. Vor der Restaurierung wurde jedes Teil des Uhrwerks gereinigt und gewaschen, und einer sorgfältigen Untersuchung unterzogen, die nicht nur alle Mängel, sondern auch unsachgemäße Reparaturen aufdeckte. Nachdem die Uhr in der Werkstatt zusammengebaut und ausprobiert worden war, mußte sie für die Rückkehr aus der Uhrenwerkstatt noch einmal in ihre Einzelteile zerlegt und anschließend im Kirchturm von Kunnersdorf wieder zusammengebaut werden. Nach der Montage in der Kirche und bevor sie offiziell in Gang gesetzt wurde, befand sie sich noch eine Woche lang im Probelauf. Es handelt sich um ein einzigartiges kulturelles und technisches Uhrwerk, das in seiner ursprünglichen Form vollständig erhalten geblieben ist. An dem Tag, an dem die Uhr in Gang gesetzt wurde, hielt Uhrmacher Jan Marek den Besuchern einen Vortrag über die Geschichte und die Mechanik des Uhrwerks und über seinen Hersteller. Den Besuchern wurde auch über die Geschichte der Kirche und der Gemeinde Kunnersdorf, die sich nahe der polnischen Grenze befindet und 1939 noch 599 Einwohner hatte, berichtet.
Im Laufe des Nachmittags wurde auch an den verstorbenen letzten Kirchendiener von Kunnersdorf, Karel Málek, geboren am 14. Oktober 1939, erinnert, der an diesem Tag Geburtstag hatte. An dieser Feier beteiligte sich auch seine Ehefrau, Jana Málková, die als Ehrengast begrüßt und für ihre Verdienste mit einem Blumenstrauß geehrt wurde.
Nachdem die Familie Málek 1997 nach Kunnersdorf gekommen war, begannen Karel Málek und seine Frau Jana, sich um die Kirche zu kümmern. Zwischen 2003 und 2005 begannen Málek und sein Sohn Karel, die Uhr zu reparieren und die Ziffernblätter zu streichen. Von da an funktionierte die Uhr, und Karel Málek kümmerte sich um sie, bis er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auf den Turm steigen konnte. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Kirchenuhr bereits in einem schlechten Zustand und arbeitete nicht mehr zuverlässig und genau. 2018 blieb die Uhr vollständig stehen. Karel Málek starb am 5. Januar 2020. Nach einem halben Jahr Renovierung befindet sich die historische Turmuhr, die an die deutsche Vergangenheit erinnert, jetzt wieder an ihren alten Platz und ist im Einsatz. Das alte Uhrwerk mit einem 1,5 Meter langen schwingenden Pendel braucht jetzt nicht mehr täglich mit einer Kurbel per Hand aufgezogen zu werden. Das Aufziehen der mechanischen Uhr wird jetzt von einem elektrischen Aufzug erledigt. Dieses System befindet sich außerhalb des Uhrwerks und greift nicht in dessen ursprüng- liche Konstruktion ein. Dadurch wird ein unbeaufsichtigter Betrieb der Uhr gewährleistet.
Außerdem ist eine durch Signal gesteuerte Synchronisationseinrichtung eingebaut, die die Korrektur des genauen Laufs der Uhr und die automatische Umstellung auf Sommer- und Winterzeit garantiert.
Auf vier Seiten des Kirchturmes befinden sich Zifferblätter mit römischen Zahlen, die zuletzt vor 20 Jahren von Karel Málek gestrichen wurden. Die Uhrzeiger wurden auch nicht erneuert. Die Uhr befindet sich im Originalzustand. Kein Teil der Uhr wurde erneuert oder ersetzt. Jetzt kann die Kirchenuhr, zu der 84 schmale Holzstufen hinauf führen, die nächsten Jahre problemlos weiterlaufen.
Die Renovierungsarbeiten an der Kirche sind leider noch nicht ganz vollbracht. Die renovierte Turmuhr tickt bereits richtig, aber sie schlägt noch nicht. In der Zukunft soll die Uhrzeit auch akustisch verkündet werden. Das Schlagwerk und die zwei Glocken müssen noch eingebaut werden. Noch fehlen etwa 200 000 Kronen.
Einen traurigen Anblick bietet den Besuchern der Innenraum der Kirche, der auch renoviert werden soll. Zurzeit wird die Kirche nicht für Gottesdienste und Veranstaltungen genutzt. Die rechte schmale Holztreppe, die in das erste Stockwerk der Kirche führt, ist nicht funktionsfähig. Sie ist zusammengefallen. Die linke Treppe ist ebenfalls beschädigt.
Sie kann nur mit größter Vorsicht betreten werden. Der Altar, die Bilder der Heiligen und die Wände der Kirche sind stark beschädigt, einige der Bretter vor den Sitzbänken sind zerbrochen. Überall ist Schmutz und Staub. Die Kirchenorgel ist aus der Kirche verschwunden.
Trotz des schlechten Wetters kamen zu dieser außergewöhnlichen kulturellen Veranstaltung mehr als 60 Besucher. Zum Schluß dankten die Veranstalter allen, die an diesem einzigartigen Ereignis teilgenommen hatten. Ein großes Dankeschön ging an diesem Tag auch an alle Sponsoren, die mit ihrer Spende die Renovierung der Kirchenuhr gefördert haben.
Und wie geht es weiter? Das hängt davon ab, ob es gelingt, genug Geld für die zweite Phase der Renovierung aufzubringen. Die Sammelaktion, die am 15. Oktober 2020 ins Leben gerufen wurde, läuft unbegrenzt weiter. Sie ist nicht nur für die Wiederinbetriebnah- me der Turmuhr und die Anschaffung der Glocken bestimmt, sondern auch für die zukünftige Renovierung der vernachlässigten Kirche. Dafür ist eine ganze Reihe von Baumaßnahmen erforderlich. Für private und öffentliche Spenden für die zukünftige Kirchenrenovierung ist die Gemeinde Kunnersdorf weiterhin dankbar.