Vor dem Britex besteht der britische Fußball den Stresstest und bleibt in Europa der Meisterschaft erhalten. Randstaat Russland muss Europa hingegen verlassen.
Nach der fußballerischen Schonkost am Wochenende bin ich montags geradezu hungrig auf das Abendspektakel. Ich gehe bis an den Rand meiner physischen und psychischen Belastbarkeit und schaue mir die Parallelspiele gleichzeitig an. Das geht in dem gut gefüllten Rieger-Park-Stadion, wo zwei Spielfelder aufgebaut sind, um dem Geschehen gerecht zu werden. Man muss mit einem Bein fest in jedem der beiden Paralleluniversen einen sicheren Stand erreichen, sonst ist dieses Kunststück unmöglich.
Die feindlichen Lager sind etwa ausgeglichen. England hat eigens einen Posaunisten zum Einpeitschen geschickt, die Slowakei hat hingegen quasi ein Heimspiel, Prag ist ja bald die zweitgrößte slowakische Ansiedlung nördlich der Donau. Im anderen Spiel streiten sich die beiden Zwergnationen ohne bemerkenswerte Fanunterstützung vor Ort.
Auf Bildschirm zwei sehe ich früh ein blutunterlaufenes Auge, auf Bildschirm eins lässt man sich auch nicht lange bitten und es fließt richtiges Blut nach einem saftigen Ellbogenschlag ins Gesicht. Bildschirm zwei legt mit zwei zeitigen Toren vor, England will sich da auch nicht lumpen lassen, scheitert allerdings immer wieder im Abschluss. Der Regisseur von Bildschirm eins hat deshalb den grandiosen Einfall, mal das Tor vom Parallelspiel einzublenden. Sieht täuschend echt aus, denn auch hier spielt weiß gegen rot. Erst ist das Entsetzen bei einem Teil der Zuschauer groß und die Euphorie beim anderen aufbrandend, doch dann macht sich pures Unverständnis bei allen breit, schließlich die Einsicht, es mit einem Paralleluniversum zu tun zu haben.
Wales gibt dem Regisseur bald darauf wieder die Chance für seinen kleinen Kunstgriff und siehe da, es klappt wieder, einer passt nicht auf und flucht, erst auf die eigene Abwehr, dann auf den Regisseur. Der hat ein Einsehen und lässt seine Mätzchen bleiben.
England spielt unterhaltsam, meist nach vorne und hinten mit gelegentlich interessanten Einfällen, um noch ein wenig Extraspannung herauszuholen. Das freut den Zuschauer, den Fan eher weniger.
Nun, der Abend ist angenehm lau, die Fangruppen abwechselnd laut, die Lage an den jeweiligen Fronten klar. Wales gewinnt die Gruppe und schießt in der Vorrunde sage und schreibe sechs Tore, mehr als Deutschland im gesamten Turnier erzielen wird. England kommt als zweiter weiter und die Slowakei hat mit vier Punkten hervorragende Aussichten auf Achtelfinale. Neben Albanien wird sich doch noch irgendein Gruppendritter finden, der nicht über drei Punkte hinauskommt.
Russland ist raus und fährt nach Haus', da gibt’s von Onkelchen Putin sicher was zu hören. Niederlagen gegen die Slowakei und Wales – ein Land, das nicht einmal existiert, geschweige denn eine Botschaft in Moskau unterhält. Das Staatsoberhaupt ist ja ein Prince, der die meiste Zeit den Hauptberuf Thronfolger im Nachbarland ausübt. Und die Sprache ist für den Rest der Welt absolut unverständlich, überhaupt, meistens sind die Wörter viel zu lang um sie im Kopf zu behalten.