Christiano Ronaldos Pressekonferenz geht viral, wie man das im Internet-Smartphone Neusprech ausdrückt. So digital-viral, dass in Zeiten von teams-Unterricht-Lektionen die Schülerin Helene Still sie als Beispiel anführt, als wir über die Börse und die Emotionalität der Anleger sprechen. „Ronaldo hat Coca Cola vier Millionen gekostet“, führt sie an. Ich korrigiere sanft, „ich glaube, es sind vier Milliarden, denn was sind schon vier Millionen für so eine Weltfirma?“. Ich hake nach, „wer hat jetzt eigentlich diese vier Milliarden verloren? Coca Cola?“, und erhalte die richtige Antwort, „nein, die Aktionäre, nicht die Firma“. „Wahrscheinlich liegt das aber nicht nur an Ronaldo, es liegt daran, dass Coca Cola die Dividende ausbezahlt hat“, fügt sie hinzu. Wie dem auch sei, wir kommen darin überein, dass ein Teil der Medien die Wirkung von Ronaldos Aktion überhöht, um die eigene Bedeutung damit hochzuschrauben. Die Wahrheit liegt immer noch auf dem Platz und diejenigen, die Aktien von Coca Cola kaufen, werden wohl wissen, dass das Getränk nicht unbedingt zur täglichen Nahrung von Spitzensportlern gehört. Und wem Ronaldo als Vorbild dient, wird wohl noch kaum über die Investition von Millionen und Milliarden an der Börse nachdenken.
Flottes Spiel zwischen der Ukraine und Nordmazedonien
Ich schaffe es beinahe pünktlich, mein Lehrbestreben zum Anpfiff des ersten Spiels zu beenden und werde mit einem flotten Spiel zwischen der Ukraine und Nordmazedonien belohnt. Die Ukraine ist besser und erspielt sich Chancen. Es ist wie beim Schießen mit einer Schrotflinte, bei der Streuung trifft man zwangsläufig auch mal ins Ziel, wenn auch nicht unbedingt mit dem besten Schuss. Yarmolenko, bekannt von seinem kurzen Engagement bei der Dortmunder Borussia, vergibt ein paar tolle Gelegenheiten, bei denen sich der nordmazedonische Torwart auszeichnen darf, netzt aber mit einem krummen Abstauber ein. Sein Sturmpartner Yaremtschuk trifft kruz danach auch und die Sache sieht entschieden aus. Pandev verkürzt mit einer wunderbaren Aktion im Strafraum, steht dabei aber leider im Abseits. Das ist jener Pandev, der jüngst Deutschland in Löws WM-Qualifikationsspiel abgeschossen hat. So viel zur korrekten Einschätzung der Wertigkeit der deutschen Nationalmannschaft.
Das Spiel, das ich von zu Hause aus schaue, wie übrigens den ganzen Spieltag, bleibt auch in der zweiten Hälfte flott, Nordmazedonien verkürzt im Elfmeternachschuss, auf der anderen Seite vergibt die Ukraine einen Strafstoß zur endgültigen Entscheidung. Trotz aller Bemühungen und Kämpfe gegen die Krämpfe bleibt es beim 2:1 für die Ukraine. Das heißt, Nordmazedonien ist wohl nach menschlichem Ermessen ausgeschieden, die Ukraine hat drei Punkte auf dem Konto, die Niederlande und Österreich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls. Diese Gruppe bleibt also im Rennen um einen der vier besten dritten Plätze, das sollte im deutschen Lager zwar noch keine Panik, aber eine gewisse gesunde Beunruhigung auslösen, um ein leistungsförderndes Reizklima zu schaffen.
Peavey 115 Scorpion von 1992
Kurz danach kommt ein 22-jähriger Guitarrenfreak zu mir in die Wohnung, stöpselt sein Instrument in meinen Amplifier Peavey 115 Scorpion ein und ist gespannt. Das etwas angestaubte Gerät funktioniert nach kurzem Zögern und begeistert ihn durch den Sound der 90er Gitarrenrockbands wie Dinosaur jr., Kurz und gut, der Bandkollege wird herbeordert und die beiden eher schmächtigen Jungs tragen das über 40 Kilo schwere Gerät in ihr kleines Studio unter der Brücke von Libeň. Damit wird die Wohnung wieder ein Stück wohnlicher und die Prager Rockwelt hoffentlich ein Stück reicher.
Weil ich noch schnell ein paar Besorgungen mache – kein Bier, dafür ist es zu heiß – verpasse ich das frühe Führungstor Dänemarks gegen Belgien. Die Dänen bleiben weiter am Drücker, ich habe das Gefühl, Belgien lässt sie sich erst mal austoben. Auch in Kopenhagen werden die Temperaturen wohl überdurchschnittlich warm sein. Meine Tochter schläft immer noch im anderen Zimmer, so habe ich angenehme Ruhe und kann mich ganz auf das Spiel konzentrieren.
Belgien mit Hazard und de Bruyne eine Klasse besser
In der zweiten Halbzeit kommen Eden Hazard und Kevin de Bruyne, sofort ändert sich das Spiel. Nach blitzsauber herauskombinierten Toren von Thorgan Hazard und de Bruyne dreht Belgien das Spiel. Ich verfalle wieder mal in Nostalgie, Löws Team konnte so etwas früher auch mal, ach ja. Ich esse Erdnüsse und Erdbeeren, während Dänemark allmählich seine Hoffnungen auf einen Punktgewinn beerdigt. 2:1 für Belgien, das heißt für die Gruppe, dass Russland und Finnland bei drei Punkten stehen, Belgien ist mit sechs Punkten durch, Dänemark hat aber noch Chancen durch einen Sieg gegen Russland zumindest dieses zu überflügeln. Aber auch hier gilt, der Dritte endet mit mindestens drei Punkten, schlecht für Deutschland.
Auf der Suche nach einem Modulsofa
Nun, der durch den Verkauf des Amplifiers gewonnene Platz muss neu besetzt werden, ich recherchiere in der Zwischenzeit über Sofas im Internet. Mir schwebt ein Drei-Komponenten-Sofa zum Zusammenstellen vor, dessen Komponenten einzeln auch als Sessel genutzt werden können. Doch bevor ich konkret mit der Suche starten kann, muss ich erst einmal herausfinden, wie solche Sitzmöbel genau heißen. Außerdem möchte ich noch eine Holzjalousie des hinlänglich bekannten schwedischen Möbelhauses, dessen Name nicht genannt werden braucht, da es international agiert, verkaufen. Sie passt nicht in die neue Wohnung und war seinerzeit nicht ganz billig. Ich kann leider den potentiellen Neupreis nicht eruieren, das Möbelhaus scheint diesen Artikel aus dem Programm genommen zu haben. Meine Tochter wacht auf, wir vereinbaren, dass ich Fußball schauen darf, sie anschließend youtube.
Alaba nicht wie bei Bayern
Österreich macht sich das Leben selbst schwer. Nach noch nicht einmal zehn Minuten verbockt Alaba eine Balleroberung und Kontereinleitung aus dem eigenen Sechzehner, er legt sich den Ball zu weit vor und tritt beim Nachsetzen dem heranstürmenden Niederländer auf den Fuß. Kein spektakuläres Foul, bei Bayern wäre das vielleicht noch durchgegangen, doch im österreichischen Nationalteam fehlt dieser Bonus. Der Video-Assi braucht nicht lange überprüft zu werden, Elfmeter, Memphis Depay, Tor, 1:0 für die Niederlande. Es folgt irgendwann noch das 2:0 und großes austriakisches Bemühen, doch am Spielstand ändert das nichts. Die Niederlande sind durch, Österreich und die Ukraine haben drei Punkte und machen im abschließenden Spiel wohl die Plätze zwei und drei unter sich aus. Auch wenn es rechnerisch... (usw.usf.) Einigen sich beide Nationen auf ein Unentschieden, sind wahrscheinlich beide durch – kleine Reminiszenz an Gijon, WM 1982, wer sich daran noch erinnert... Für Deutschland heißt das, dass die drei Punkte aus einem eingeplanten Sieg gegen Ungarn nicht ausreichen werden, den Dritten dieser Gruppe zu überflügeln. Es wird eng...