Eröffnungsspiel eins und zwei enden unentschieden, das lässt allen noch alle Optionen, vielleicht sogar die verrufenen put-Optionen. Viel Schweiß vergossen hat zu Beginn der WM Gerd Lemke.
Ha, die WM fängt an und ich verpasse gleich die Eröffnungsfeier. Habe meine Uhr wohl noch nicht auf Südhalbkugel umgestellt. Der Ball, um den sich alles dreht, ist ja zum Glück richtig rund und nicht nur halb. Deshalb kann er auch fliegen, besonders, wenn man ihn senkrecht in den Himmel schießt (im Fachjargon bekannt als „die Kerze“). Irgendwann kommt der Ball dann auch wieder runter, sogar auf der Südhalbkugel. Das ist höhere Physik, die wird ja auch immer wichtiger im modernen Fußball. Ich sage nur: der vertikale Pass! Außer, wenn Lukas Podolski zutritt, denn dann benötigt China einen neuen Spionagesatelliten.
Zum Anpfiff schaffe ich es gerade noch rechtzeitig. Das Spiel wird in die Annalen als Hitzeschlacht von Johannesburg eingehen. Ununterbrochen brummt diese Hitze in den Ohren. Mit zunehmender Spieldauer entledige ich mich eines Kleidungsstückes nach dem anderen. Der Schiedsrichter drückt zum Glück beide Augen zu, selbst nach der Hose nicht einmal eine Ermahnung, geschweige denn eine gelbe Karte. Wegen der Hitze hört er wohl auch nichts mehr, das schlägt ja bekanntlich auf die Augen, wie mir der Hals-Nasen-Ohren-Arzt meines Vertrauens neulich mitgeteilt hat.
Ich bejubele ein Abseitstor, ich vergaß zu erwähnen, dass Südafrika gegen Mexiko spielt, und schaue ungläubig auf den Linienrichter. Gerade setze ich an: Du Blindsch…, da stand doch noch ein Abwehrspieler auf der Torlinie nach der Ecke. Der wedelt mit dem Regelbuch und zeigt streng auf Seite 13: Abseitsregel und die Sache mit dem mehr als einen Gegenspieler vor sich etc. Schon gut, sage ich, hast recht, ich nehme alles zurück, bei dem Sauerstoffmangel kann man das ja mal kurz vergessen. Das muss ja nicht notwendig der Torwart sein. Ist halt die erste WM auf dem heißen Kontinent, daran muss man sich erst noch gewöhnen. Wieder ein wohlwollendes Nicken, keine Ermahnung, keine Verwarnung, nicht einmal ein indignierter Blick…
Der mexikanische Torhüter ist auch nicht notwendigerweise ein Torwart, er war eigentlich ein sehr begabter Volleyballspieler. Da er aber zu klein war, um beim Netzaufbau zu helfen, haben ihn die anderen zum Handball geschickt. Dort waren ihm jedoch die Bälle zu hart, so dass er auf Schleichwegen auf dem Fußballfeld hängengeblieben ist - sehr zur Überaschung seiner Großmutter, die lieber gesehen hätte, wenn er etwas Vernünftiges gelernt hätte. Aber das ist nun wirklich eine andere Geschichte.
Nach einer knappen Stunde fällt das erste Tor, schöner Schuss in den Winkel, Torschütze Schalalala oder so ähnlich. Zwischen den a`s sind noch andere Selbstlaute, bei der Geräuschkulisse ist das jedoch nicht richtig zu verstehen. Und dazu diese Hitze…
Dos Santos, der Kleincousin dritten Grades von Ronaldinho, prüft gehörig den südafrikanischen Torwart. Dessen Eltern sind mal im Amazonasbecken falsch abgebogen und –zack-, trieben sie halbverhungert nach etlichen Tagen in ihrem Boot erst in Mexiko an Land. Dos Santos heißt ja aus dem Wald oder so ähnlich. Deshalb ist der Brasilianer jetzt Mexikaner. Das sind eben die modernen Märchen, die der Fußball so schreibt.
Verletzungsunterbrechung, jetzt kann ich auch den Namen des Torschützen besser Verstehen: Shabalala.
Ja, gibt`s denn das, ausgerechnet der Marquez, der Banderas von Barca, trifft zum Ausgleich, den hast du das ganze Jahr fast nicht gesehen. Das ist jetzt aber ganz, ganz bitter für den Gastgeber. Und dann steht in der letzten Minute der Pfosten im Weg, ja, warum steht der denn da und nicht zehn Zentimeter weiter links? Nicht zu glauben, was für eine Dramatik, und das gleich im Eröffnungsspiel. Und das macht doch Lust auf mehr – und es gibt mehr, gleich abends hat die Glücksfee den Franzosen Uruguay vor die Fresse geknallt. Uruguay, die Mannschaft mit dem schlechtesten Ruf der ganzen Welt und vorne mit Diego Forlan, dem Scharfschützen von Madrid.
Ich habe darauf gewettet, dass Monsieur Uli – nun, den Namen schreibe ich mal besser, wie man ihn ausspricht [´œ n´est ce] – bei Interpol bereits Strafanzeigen gegen die Gegenspieler von Franck Ribéry gestellt hat. Prophylaktisch, ist ja eine gehörige Investition, die man schützen muss.
Das Spiel erfüllt zunächst nicht meine Erwartungen, doch in der zweiten Hälfte häufen sich die fiesen Fouls mit Verletzungsgefahr. Uruguay poliert seinen ramponierten Ruf auf, kassiert den ersten Platzverweis und kastriert den französischen Sturm. Das erste Nullnull der WM ist da, alle anderen Mannschaften können jetzt aufatmen.
Frankreich hatte die Euro-Krise ja schon 2008 und an Monsieur Domenech festgehalten. Jetzt ist daraus ein Flächenbrand entstanden. Griechenland ist gleich morgen Mittag dran, Spanien und Portugal kommen auch noch. Hoffen wir mal, dass nicht wieder alles an Deutschland hängen bleibt…
Monsieur [´œ n´est ce] kann übrigens aufatmen: Ribéry geht es gut, außer einer gelben Karte ist er nicht weiter aufgefallen.